Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
CORETH, Anna: Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen
Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III. 43 Der weibliche Orden der unbeschuhten Karmeliten verdankt aber in Österreich seine Begründung der besonderen Vorliebe der Kaiserin Anna Eleonore aus dem Hause Gonzaga, Gemahlin Kaiser Ferdinands II., und von da an bestand fast ein Jahrhundert lang ein enges Band zwischen den Kar- melitinnen und dem kaiserlichen Haus. Anna Eleonore stiftete den Wiener Karmel zum Hl. Josef im Jahre 1629, von dem aus 1643 das Frauenkloster in Graz, 1656 jenes in Prag und in den 1660er-Jahren jenes in Wiener-Neustadt, dem diese Studie gewidmet sein soll, ihren Ursprung nahmen2). Leider ist das meiste an Briefen und Schriften, die uns in die Geistigkeit jener Klöster Einblick gewähren könnten, im Zuge der Aufhebung unter Josef II. vernichtet worden. Immerhin kennt man die Gestalt der Gründerin und ersten Priorin in Wien, Sr. Paula Maria von Jesus (f 16463), als einer heiligmäßigen Persönlichkeit, an der die Kaiserin mit Anhänglichkeit und übergroßer Fürsorge hing. Auch Maria Elekta von Jesus (t 1663), die Gründerin des Prager Karmelitinnenklosters, war eine Ordensfrau von besonderem Format4). Weiterhin weiß man fast nichts mehr über die innere Entwicklung des weiblichen Ordens in unseren Ländern bis zur Auflösung, abgesehen vom Gerippe einiger Daten über die Gründung weiterer Klöster im 17. und 18. Jahrhundert. So soll im folgenden versucht werden, auf die Vorgeschichte zur Entstehung des Klosters in Wiener-Neustadt näher einzugehen, zumal hier einer glücklichen Ausnahme zufolge die Quellenlage eine ideale und das Material fast lückenlos erhalten geblieben ist. Wir erhalten daraus einen lebendigen Einblick in die persönlichen Beziehungen zwischen dem Kaiserhaus und den Nonnen. Wieder ist die Hauptfigur als Förderin eine Kaiserin aus dem mantuanischen Hause Gonzaga, Maria Eleonora, Witwe Ferdinands III. Zwar war sie nicht Stifterin, aber sie setzte mit erstaunlicher Energie gegen eine Fülle von Widerständen die Gründung in der von ihr gewünschten Weise durch, nicht ohne endlich ihre kaiserliche Herrlichkeit der Kirche gegenüber ins Treffen zu führen5). Erzherzog Leopold Wilhelm und der erste Gründungsplan Am 7. August 1660 richtete die Kaiserinwitwe Maria Eleonora ein kleines Billet an die Sr. Maria Colomba a Sta. Teresa, Klosterfau im Wiener 2) Über den Karmelitenorden, seine Regel, Geschichte etc. vgl. Max Heim- bucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche, 3. Aufl. Paderborn 1934, 2. Bd., S. 54—95 und die dort angegebene Literatur. Über Bedeutung und Wesen des Ordens vgl. Adalbert Deckert, O. Carm. und Otho Merl, O.C.D., Karmel, Gesetz und Geheimnis, Köln 1959. 3) Über sie Bonifacius Müller, Wien 1880. 4) Vgl. P. Frant. Blaták, zivotopis Marie Elekty od Jezise, Prag 1910. 5) Bisher am besten über die Neustädter Gründung Josef Mayer, Geschichte von Wiener Neustadt, 3. Bd., S. 403 ff. Fr. Dr. Gertrud Gerhartl möchte ich für ihre zuvorkommende Hilfe bei Beschaffung des Materials aus dem Wr. Neustädter Stadtarchiv und der Spezialliteratur meinen herzlichsten Dank aussprechen.