Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

CORETH, Anna: Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen

Kaiserin Maria Eleonore, Witwe Ferdinands III., und die Karmelitinnen. Von Anna Coreth (Wien). Der um 1156 in Palästina gegründete strenge, beschauliche Orden der „Brüder der allerseligsten Jungfrau vom Berge Karmel“, dem seit 1452 auch Frauenklöster angeschlossen wurden, ist gegen Ende des Mittelalters durch Milderungen der Regel von seiner ursprünglichen Lebensweise stark abgeglitten und zahlreiche Versuche, ihn zu reformieren, waren versandet. Erst der großen Karmelitin des 16. Jahrhunderts, der heiligen Theresia von Jesus, ist das Reformwerk zunächst für den weiblichen Ordenszweig, dann auch für einen Teil des männlichen mit Hilfe des hl. Johannes vom Kreuz gelungen und der Reformorden der „unbeschuhten“ Karmeliten führte eine gewaltige Erneuerung des ursprünglichen Ordensgeistes in ganz Europa herbei. Worauf bei dieser Reform das größte Gewicht lag, läßt sich allein schon daraus erkennen, daß sowohl Theresia wie Johannes vom Kreuz zu den klassischen Lehrern des Gebetes, der Kontemplation gehören, ja daß Theresia die erste war, die aus persönlicher Erfahrung das beschauliche Gebet bis zu den höchsten Stufen der Mystik beschrieb, welches, wie sie lehrte, zwar nicht durch eigene Kraft zu erlangen und zu erlernen ist, zu dem sich aber alle, die ihr nachfolgen wollten, in einer vollen inneren Hin­gabe bereit machen sollten. Während der weibliche Zweig sich in ungeminderter Treue zu ihren Richtlinien entfaltete, ergab sich im männlichen Zweig Diskussion und Un­stimmigkeit aus der Frage, wie beschauliches und aktives Leben zu vereini­gen sei. Gerade diese Verbindung verwirklichte auf das vollkommenste eine Persönlichkeit, deren geistiger Ausmaße wir uns keineswegs genügend be­wußt sind, Domenico a Jesu Maria. Er war einer der Männer, welche die unbeschuhten Karmeliten in Rom einpflanzten und ihm ist auch die Vorbe­reitung der Gründung des Wiener Klosters zu danken. In Gesprächen von wenigen Tagen im Winter 1620—21 hat er auf Kaiser Ferdinand II. einen so nachhaltigen Eindruck gemacht, daß dieser ein Förderer des Ordens wurde, wie schon Philipp II. in Spanien ein solcher gewesen war. Domenico ist bekanntlich als alter, kranker Mann im Winter 1629 zum zweiten Male nach Wien gereist, um hier in Gegenwart des Kaisers im Februar 1630 zu sterben und begraben zu werden >)• i) Über ihn Stanislao di S. Teresa, Domenico di Gesü Maria, Ceprano 1925; August M. Knoll, Ernst. Karl Winter, H. K. Zessner-Spitzenberg, Dominicus a Jesu Maria ord. carm. disc., seine Persönlichkeit und sein Werk, Wien 1930.

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