Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815

38 Richard Blaas hatte, so muß ich gestehen, daß mich dieser Auftrag, so schmeichelhaft er auch für mich ist, in nicht geringe Verlegenheit gesetzt hat, um so mehr als mich die Übernahme der Archive noch hinlänglich beschäftigt“ 84). Da die nötigen Anordnungen von Talleyrand bereits erlassen worden waren, konnte Ottenfels seine Tätigkeit auf der Bibliothek schon am 21. September auf nehmen, wo er, wie schon das vergangene Jahr bei der Übernahme der orientalischen Handschriften bewies, ein ihm besonders günstiges Verhandlungsklima zu schaffen gewußt hatte und ohne jedes scharfmacherische Auftreten oder vielleicht eben gerade deswegen das allergrößte Entgegenkommen der Beamtenschaft vorfand. „Da ich“, berich­tet er am 20. Oktober dem Kaiser, „von der Rechtlichkeit und dem guten Willen der Conservatoren der französischen Bibliothek hinlänglich Über­zeugung gewonnen hatte, so glaubte ich der ah. Absicht zu Entsprechen, indem ich auf der Bibliothek mit möglichster Schonung zu Werke ging und alle gewaltsamen, militärischen Maßregeln zu beseitigen suchte. Die Vorsteher der Bibliothek wußten diese gegen das Betragen anderer Alliier­ter Mächte scharf abstechende Behandlung vollkommen zu würdigen. Durch­drungen von dem Gefühle der Dankbarkeit für den durch Euer Majestät ihrem Institute angediehenen Schutz, haben dieselben einstimmig erklärt, daß sie mit den Bevollmächtigten aller übrigen italienischen Staaten nur durch die Vermittlung des Commissairs Euerer k. k. Majestät unterhandeln und ihre Forderungen nur unter meiner Gewährleistung befriedigen könn­ten. Ich habe demnach mit Bewilligung des Ministers der Auswärtigen Angelegenheiten Fürsten von Metternich die Reklamazionen von Rom, Turin, Florenz, Parma und Modena mit so günstigem Erfolg unterstützt, daß bereits alle von selben angesprochenen Manuskripte, Bücher, Cameen, Medaillen etc. ausgeliefert und von mir den respektiven Bevollmächtigten übergeben worden sind“ 85). Dieser glänzende Erfolg war nicht ohne die positive Mitwirkung der französichen Bibliothekare möglich, die dem öster­reichischen Kommissar das größte Vertrauen entgegenbrachten; von den Vorgängen im Museum, wo man zum Teil mit militärischer Gewalt die Herausgabe der geraubten Kunstschätze erzwungen hatte86), gewarnt, und um ein ähnliches Schicksal von ihrem Institut abzuwenden, war man auf der Bibliothek bereit, mit dem österreichischen Vertreter auf gütlichem Wege ins Reine zu kommen. Ottenfels hatte kaum mit seiner Arbeit begonnen, als die ersten Schwierigkeiten auftauchten; wie er damit fertig wurde, schildert er selbst am anschaulichsten: „Allein die am folgenden Tage eingetretene Veränderung des französischen Ministeriums bewirkte hierin einen Stillstand und alle späteren Einschreitungen blieben unbeantwortet. Indessen hatten die Vorsteher der französischen Bibliothek mir im Ver­trauen eröffnet, daß das neue Ministerium aus Besorgnis, in der Folge von den 84) Ebenda. Schreiben Ottenfels an Hudelist vom 20. 9. 15. 85) Ebenda. Ottenfels an Kaiser Franz I. vom 20. 10. 15. 86) Vgl. Schiitter, a. a. O., S. 120.

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