Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

WEINZIERL-FISCHER, Erika: Aus den Anfängen der christlichsozialen Bewegung in Österreich. Nach der Korrespondenz des Grafen Anton Pergen

468 Erika Weinzierl-Fischer Feier der Sekundiz Papst Pius IX. 21) dem Baron Stillfried für die katholi­sche Sache zur Verfügung gestellt hatte22). Ihr hat Graf Pergen von die­sem Zeitpunkt an bis in seine letzten Lebensjahre unermüdlich gedient. Es gab kaum eine internationale oder österreichische katholische Vereinigung, in der er nicht als Gründer oder förderndes Mitglied aufschien. Sein Ver­mögen soll er fast zur Gänze zur Unterstützung katholischer Unterneh­mungen verwendet haben 23). Nach der freiwilligen Einstellung der „Genfer Korrespondenz“ 1873 24 25) kehrte Pergen, der sich selbst als Leiter der Korre­spondenz für die Jahre 1871—1873 bezeichnete 2ä), nach Österreich zu­rück. Bestehen blieben die in Genf geschlossenen Kontakte mit führenden Katholiken aus aller Welt, der unbedingte Wille zum persönlichen Einsatz im Dienst der Kirche und das bei ihm ebenso wie bei Blome von Bischof Mermillod angeregte Interesse für die soziale Frage26). In Wien wurde Pergen sofort der Nachfolger Baron Stillfrieds als Präsident der Michaelsbruderschaft27) und versuchte zunächst auf diese Weise, das in Genf begonnene Werk fortzusetzen. Die Einsicht von der Not­wendigkeit gemeinsamen politischen Handelns bewog ihn dann, der Ini­tiative Blomes zu folgen und sich mit den führenden Standesgenossen wie Thun, Kuefstein, Alfred und Aloys Liechtenstein 1879 im sogenannten konservativen Klub zusammenzuschließen28). Durch seine Mitgliedschaft bei den unter der Aegide Karl von Vogelsangs entstehenden sozialen Runden hat Pergen später auch die Anfänge der christlich-sozialen Partei aktiv miterlebt. Als überzeugter Konservativer hat er sich jedoch dann gemein­sam mit dem Dominikaner P. Albert Maria Weiß 29) von der neuen Be­wegung zurückgezogen und schließlich gegen sie sogar in Rom Stellung genommen30). Mag Pergen auch nicht zu den profiliertesten katholischen Führern jener Zeit gehört haben, so war er doch einer der beständigsten und durch sein aufopferndes „Dasein“ durch viele Jahre hindurch zweifel­los eine zentrale Gestalt dieser für die Entwicklung des politischen und sozialen Katholizismus in Österreich entscheidenden Epoche. Seine nicht allzu umfangreiche, noch von ihm selbst alphabetisch geordnete Korre­spondenz 31) spiegelt daher auch getreulich die Hoffnungen, Sorgen und 21) Vgl. S. 466. 22) 1887 XII 23, Stillfried an Pergen. Depot Pergen, Hans-, Hof- und Staats­archiv Wien. 23) Albert Maria Weiß, Lebensweg und Lebenswerk, Freiburg 1925, S. 357. 24) Hartei a. a. O., S. 146. 25) Aufzeichnung Pergens o. J., Depot Pergen. 20) Hartei a. a. O., S. 146. 27) Wolny a. a. O., S. 146. — Pergen behielt das Präsidium bis 1880. 28) Hartei a. a. O., S. 158. 2°) Siehe unten S. 481 ff. 30) Siehe Anhang II. si) Die Korrespondenz des 1902 kinderlos verstorbenen Grafen befand sich bis 1961 in Mödling-St. Gabriel. Durch die Vermittlung von P. láoric Csáky S. V. D. gelangte die Korrespondenz in das Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv,

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