Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815

36 Richard Blaas andere Art verunglückt oder hat durch Wasser Schaden gelitten“ — 20 Kisten waren in Passau ins Wasser gefallen —. „Auch findet sich noch ein ansehnlicher Haufen Akten, ein buntes Gemisch aller Art, das noch nicht geordnet werden konnte und worunter sich noch viele von den vermißten Pa­pieren finden dürften. Diese sehe ich mich genötigt, in diesem verworrenen Zustande in eigens bezeichnete Kisten verpacken zu lassen, weil die lang­wierige Arbeit der Ausscheidung und Ordnung dieser Papiere erst in Wien mit Muße vorgenommen werden kann“ 78). Die französischen Archivbeam­ten arbeiteten auch jetzt wieder verläßlich und zuvorkommend mit der österreichischen Kommission zusammen, da es auch in ihrem eigenen Inte­resse lag, die leidige Angelegenheit endgültig zu bereinigen und ihr Archiv wieder benützungsreif zu machen. Ottenfels sicherte ihnen daher ohne Be­denken die ihnen während der Arbeiten im vergangenen Winter verspro­chenen Gratifikationen zu. Die Yerpackungsarbeiten wurden erleichtert durch die französischen Archivverzeichnisse, die sich Ottenfels im vergan­genen Winter zu verschaffen gewußt hatte; er konnte jetzt an Hand dieser Verzeichnisse, die wesentlich ausführlicher waren als die ihm aus Wien zur Verfügung gestellten, leicht überprüfen, ob ihm auch alles getreulich über­geben würde. Am 8. September konnte er bereits den ersten großen Trans­port abfertigen 79). Nachdem es ihm gelungen war, die preußische Einquar­tierung aus dem Archiv gänzlich zu delogieren, gingen die Arbeiten rasch voran. Mitte September waren bereits 700 Kisten verpackt und mit den Mili­tärfuhrwerken ging der Abtransport reibungslos und sicher vor sich. Da die Kisten ihrer Menge und der gerade zur Verfügung stehenden Fuhrwerke * * re) Ebenda. Bericht Ottenfels vom 14. 9. 15. Ergänzt werden die Angaben Ottenfels über das Vorhandensein eines sogenannten Aktenfriedhofes durch den Bericht des Registrators Winterheld vom 7. 10. 15: „Leider muß ich aber dabei gehorsamst anführen, daß sämtliche Registraturen von den von Napoleon zu diesen deutschen Archiven eigens angestellten Individuen in solche Verwirrung und Unordnung gebracht worden sind, daß 10 Individuen mit dem unermüdetsten Eifer und Fleiß solche in einem Zeitraum von 5 bis 6 Jahren nicht in die vorige Ordnung bringen werden. Es mußten diesfalls auch mehrere hundert Kisten in dieser Verwirrung und Unordnung gepackt werden, um keine noch größere Verwirrung oder Unordnung zu veranlassen. Auch muß ich noch weiters be­merken, daß 20 Kisten dieser Akten nach der Abfuhr von Wien zu Passau ins Wasser gefallen sind, wodurch der meiste Teil dieser Acten bis itzt so vermodert ist, daß wenige davon eingepackt werden konnten.“ Es besteht nun allerdings ein krasser Widerspruch zwischen der von Otten­fels noch 1814 festgestellten „musterhaften Ordnung“ und dem vorstehenden Bericht Winterheids, er läßt sich aber vielleicht damit erklären, daß Ottenfels vor allem die rein äußerliche Aufstellung und Unterbringung im Auge hatte, während Winterheld als Experte für das Reichsarchiv die durch die Einordnung der Nationalia der Staatskanzlei in die Reichsakten angerichtete innere Ver­wirrung und Unordnung des Bestandes verurteilen mußte. re) Dem Transporte wurden auch jene Effekten angeschlossen, die im März bei der plötzlichen Abreise der Kommission zurückgelassen worden waren. Vgl. Bericht Ottenfels vom 6. 9. und vom 14. 9. 15.

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