Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815
34 Richard Blaas sion, die, was die Archive anbelangt, diesmal ausschließlich unter Otten- fels Leitung stand, unter ganz anderen Bedingungen ihre Arbeit wieder aufnehmen. Ottenfels war bereits Anfang August über Anordnung der Staatskanzlei nach Paris abgegangen70), ihm folgte auf Weisung der Organisierungshofkommission der schon bei der letzten Kommission verwendete Registratursadjunkt Champagne und als Experte für die Reichsarchive der reichshofrätliche Registrant Winterheld. „Diese zwei Beamten sind bereits angewiesen unverzüglich in einem Wagen mittelst der Post auf dem kürzesten Wege Tag und Nacht nach Paris abzugehen und sich dort an den aufgestellten Übernahmskommissär den k. k. Herrn Legationssekretär Freiherrn v. Ottenfels zu wenden, von welchem dieselben ihre weitere Belehrung erhalten werden“ 71). In Paris hatte Metternich bereits am 9. August 1815 in einer Note an Fürst Talleyrand die Ausfolgung „de tout ce qui reste encore ä reclamer pour satisfaire aux engagemens pris l’année derniére“ verlangt72). Die Berichte des Übernahmekommissärs Ottenfals zeugen von der Wirksamkeit der diesmal getroffenen Maßnahmen. Bereits am 29. August meldete er, daß er bereits 100 Kisten verpackt habe und bis Ende des Monats einen Transport von 400 Kisten wird zusammenstellen können. „In vier Wochen“, schreibt er, „denke ich mit den Archiven fertig zu sein“ 73). Er war vom Kaiser persönlich mit der raschen Durchführung der Restitutionen beauftragt worden. Zur Erleichterung seiner Arbeit, rascheren Durchführung und Kostenersparnis hatte der Kaiser dem Fürsten Schwarzenberg den Befehl erteilt, der Rückführungskommission Militärfuhrwerke zur Verfügung zu stellen74). Damit war natürlich für größere Sicherheit und Schnelligkeit der Transporte gesorgt, und der Train der mit Nachschub für die Besatzungsarmee nach Frankreich unterwegs war, konnte bei der Rückfahrt voll ausgenutzt werden. Die Hindernisse, die sich jetzt noch der Arbeit der Kommission entgegenstellten, rührten nicht mehr von Seite der französischen Regierung oder der Archivare her, sondern waren durch Schwierigkeiten bedingt, die im Gefolge einer militärischen Okkupation eben unvermeidlich sind. So mußte Ottenfels nach seiner Rückkehr nach Paris bei seiner ersten Visite im Nationalarchiv, im Hotel Soubise, mit Befremden feststellen, daß darin 200 Mann einer preußischen Kavallerieabteilung einquartiert waren. Diese hatte in allen Höfen, Durch70) St.K. Frankreich-Varia, K. 75. Nachträge zur Unterabteilung 40, Konv. 9) Handschreiben Erzherzog Rainers an Staatsrat Hudelist vom 5. 8. 15 betreffend die neuerliche Absendung des Frh. v. Ottenfels nach Paris. 71) Ebenda. Konv. 2) Notenwechsel mit Stadion. — Note Stadions an die Staatskanzlei vom 18. 8. 15. — Reichsarchiv, Reichshofrätliche Hofkommission, Fasz. 40, Note Stadions an Graf Öttingen-Wallerstein vom 18. 8. 15. 72) St.K. Frankreich-Varia, K. 74, Wien D. — Note Metternichs an Talleyrand vom 9. 8. 15. 73) St.K. Frankreich-Varia- K. 75, Nachträge zur Unterabteilung 40, Konv. 8) Berichte des Baron Ottenfels aus Paris 1815. — Bericht vom 27. 8. 15: „Ich bin mit der mir anvertrauten Kommission seit vier Tagen in voller Tätigkeit.“ 74) Ebenda.