Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815
22 Richard Blaas Kunstwerke mit einem mündlichen Versprechen König Ludwigs XVIII. begnügen15), dessen Wert sich im Verlaufe der Arbeiten der Kommission als sehr fraglich herausstellte. Es zeigt sich allerdings auch in der Behandlung der Restitutionsangelegenheiten die unterschiedliche Bewertung der betreffenden Materien: einerseits die Wertschätzung und Bedeutung, die man den Archiv- und Aktenbeständen beimaß, — sie waren eben doch mehr als nur Sammlungen, die sozusagen zum Privatvermögen des Herrschers und in seine ausschließliche Verfügungsgewalt fielen; — bei den Archivalien handelte es sich doch um die Sicherung von Staatsdokumenten, die zum Teil auch noch für die staatliche Verwaltung von höchster Wichtigkeit waren, da nicht nur reine Archivbestände, sondern auch ausgesprochene Registratursakten 1809 nach Paris mitgenommen worden waren, andererseits sollte eine konziliantere Haltung auf dem Sektor der Rückstellung der Gemälde und Kunstgegenstände der Wiedereinsetzung der Bourbonen Vorschub leisten, indem man peinlichst bedacht war, jede Kompromittierung des Königs durch rigorose Einforderungen der zum Teil bereits in den Museen und an öffentlichen Plätzen ausgestellten Kunstwerke zu vermeiden. Außerdem entsprach eine diesbezügliche mündliche Absprache zwischen den beiden Herrschern gewiß mehr ihrer gemeinsamen Auffasung von Besitzrecht und Eigentum an diesen Dingen. In dem kaiserlichen Befehlsschreiben zur Aufstellung der österreichischen Expertenkommission >6) kommt die Bedachtnahme auf eventuelle französische Empfindlichkeiten und das Bemühen, das ganze Rückstellungsgeschäft möglichst in aller Stille und ohne viel Aufheben mit Takt und diplomatischem Geschick abzuwickeln, klar zum Ausdruck. Ende Juni 1814 war die Kommission reisefertig17); für die Übernahme der Archive, Registraturen und der orientalischen Handschriften wurde der der Inter- nunziatur in Konstantinopel zugeteilte und zur Disposition stehende Legationssekretär Freiherr von Ottenfels-Gschwind nominiert, für die Bibliotheksangelegenheiten der Skriptor und Bücherzensor Bartholomäus Kopitar und für die Rückführung der Gemälde Custos Josef Rosa18). Dem Baron Ottenfels wurde noch als Experte für Akten der Hofkammer, Vereinigten 15) Ebenda, S. 113. 15) St.K. Frankreich-Varia, 74. — Ah. Handschreiben an Fürst Trautt- mansdorff ddo. Nymphenburg 10. VI. 1814. „Es ist mein Wille, daß zur Übernahme dieser Effekten sogleich taugliche Beamte ausgewählt werden, welche zu unterscheiden vermögen, ob statt der ächten, nicht auch einige fremdartige Werke und Kunstgegenstände übergeben werden wollen“. 17) St.K. Frankreich-Varia, Karton 67. — Note vom 18. 6. 1814 des Obersthofmeisters Trauttmansdorff an die Staatskanzlei über die Aufstellung der Kommission. — St.K. Frankreich-Weisungen 1814, Karton 223. Weisung an Graf Bombelles, k. k. Geschäftsträger in Paris, vom 1. Juli 1814. 18) St.K. Frankreich-Varia, K. 67. — Note des Obersthofmeisters an die Staatskanzlei vom 27. 6. 1814 mit der Mitteilung der ah. Resolution betreffend die Zusammensetzung der Kommission. — Vgl. hiezu auch Schiitter, a. a. 0., S. 115.