Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
BENNA, Anna Hedwig: Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien (1708–1710)
Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien 17 Sachsens, für den Kurprinzen, der katholisch werden wollte 115), die Hand einer der beiden Kaisertöchter zu erhalten, um sich dadurch für die römische Krone besser zu qualifizieren116), fand Karl weniger gefährlich als die preußisch-französischen Verbindungen, die im Auge zu behalten er empfahl117). Karl III. riet Sinzendorf, mit der Verheiratung der beiden Töchter des Kaisers überhaupt noch abzuwarten118), da der Zeitpunkt momentan dafür nicht günstig wäre. Fürchtete er die künftigen Schwiegersöhne des Kaisers als Konkurrenten bei der Bewerbung um die römische Krone? Ende 1710 konnte Sinzendorf in Wien dem Kaiser ganz allgemein die Vorteile einer Sicherung der Reichskrone für sein Haus vortragen, in konkrete Einzelheiten einzugehen, wagte er jedoch nicht119). Etwas mehr Erfolg scheint Schönborn beschieden gewesen zu sein, der im März 1711 von einem diesbezüglichen Vorstoß berichtete, den der Kaiser gut aufgenommen habe 12°). Eine praktische Auswirkung dieses erfolgreichen Vorstoßes Schönborns stellte sich nicht mehr ein, da Kaiser Joseph I. am 17. April 1711 unerwartet starb. Damit war die Frage nach der Wahl eines römischen Königs zu Lebzeiten des Kaisers für diesmal entschieden, Karl konnte an die bereits geführten Verhandlungen bei seinen Wahlvorbereitungen anknüpfen, vor allem konnte er auf tatkräftige Unterstützung durch den Reichsvizekanzler, wie schon zu Lebzeiten des Kaisers, rechnen 121). Wie wenig günstig diese Zeit einem römischen Königtum zu Lebzeiten des regierenden Kaisers war, mag das von allen kurfürstlichen mit Ausnahme der sächsischen Stimme zustandegekommene Konklusum des Kurkollegs über die Voraussetzungen der Wahl eines römischen Königs in Zukunft beweisen. Eine römische Königswahl konnte demzufolge nur bei längerer Abwesenheit des Kaisers aus dem Reich, wegen hohen Alters oder langer und dauernder Krankheit des Kaisers, also aus Gründen der Regierungsunfähigkeit stattfinden 122). 116) B. Duhr, Die Konversion des Kurprinzen Friedrich August von Sachsen (1712—1717), Stimmen der Zeit, 111 (1926) S. 104—117. 116) Sinzendorf an Karl III., 1710 April 22, Große Korrespondenz Fz. 74 c. 117) Karl III. an Sinzendorf, 1710 April 22, Familienkorrespondenz A Kart. 22. 116) Karl III. an Sinzendorf, 1710 Mai 27, ebenda. 119) Sinzendorf an Karl III., 1710 November 17, Familienkorrespondenz A Kart. 22. 129) Schönborn an Karl III., 1711 März 10. Hantsch a. a. O., S. 391 Anm. 3. 121) Karl VI. an Schönborn, 1711 Mai 27, Große Korrespondenz Fz. 72. 122) Ziekursch a. a. O., S. 142. Siemsen a. a. O., S. 23. Mitteilungen, Band 14 2