Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

BLAAS, Richard: Die Tätigkeit der k. k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815

Die Tätigkeit der k.k. Aktenrückführungskommission in Paris 1814 und 1815. Von Richard Blaas (Wien). Nicht nur Feuer und Wasser sind die elementaren Feinde der Archiv­bestände, als nicht viel weniger bedrohlich und zerstörend erwiesen sich die Kriege und die in ihrem Gefolge auftretenden Plünderungen, notwen­digen Verlagerungen und komplizierten Rückführungen, denen oft genug langwierige und schwierige Verhandlungen vorausgingen und folgten. Die in den Schatzgewölben sorgfältig verwahrten dokumentarischen Zeugnisse erworbener Besitzrechte, die in den Sammlungen aufgestellten Kunst­werke und Handschriften, haben in allen Kriegen immer wieder den Be­sitzdrang des Siegers geweckt, der sie, wie im Altertum, als Zeichen seines Triumphes aus dem unterworfenen Land heimführte oder, wie in neuer und neuester Zeit, aus administrativen, wissenschaftlichen und geschichtlichen Erwägungen heraus beanspruchen zu müssen glaubte. So ist auch die Geschichte des Österreichischen Staatsarchivs, wie ein Blick in das Gesamt­inventar1) lehrt, reich an Fakten, die wie eine Interpretation zu dem Sprichwort „Habent sua fata libelli“ aufgefaßt werden können. Es mag deshalb auch die Schilderung der Tätigkeit jener kaiserlich-österreichi­schen Kommission, die sich um die Rückführung der im Jahre 1809 von den Franzosen aus Wien abtransportierten Archivdokumente bemühte, als ein Kapitel wechselvoller Archivgeschichte einiges Interesse beanspruchen vor allem auch deshalb, weil ihre Bemühungen und Arbeiten neben dem einmaligen geschichtlichen Ablauf doch auch wieder charakteristisch sind für alle mit der Sicherung und Wahrung der Rechte auf die Schätze der eigenen Vergangenheit zusammenhängenden Probleme, deren Bewältigung gerade die letzten beiden großen Kriege die Archivare wiederum vor ähn­liche Aufgaben und Anforderungen stellten. Eine groß angelegte Sammlertätigkeit entfalteten im Gefolge der sieg­reichen französischen Armeen die Betreuer der staatlichen Sammlungen Frankreichs. Zuerst mußte Italien seinen Tribut leisten, aus dem alles, was schön und wertvoll war, nach Frankreich und Paris verfrachtet wurde. Nach und nach kamen auch die übrigen europäischen Länder, die von den *) *) Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs aufgebaut auf der Geschichte des Archivs und seiner Bestände, hrsg. von L. Bittner, 5 Bde., Wien 1936—1940.

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