Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
MIKOLETZKY, Hanns Leo: Holics und Sassin, die beiden Mustergüter des Kaisers Franz I. Stephan
Holies und Sassin, die beiden Mustergüter 211 weils wiederholte (Esito- und Consumo-) Mauten entrichtet werden, was sich bei Beobachtung der Puechbergschen Wünsche leicht hätte vermeiden lassen, die vorgeschlagen hatten, „daß, so viel an rohen materiali gspunsten, und Cotton-waar für die fabrick aus Oesterreich in Hungarn geführet worden, eben so viel verfertigte waar von der fabrick wiederum mautfrei in Oesterreich eingeführet werden därfen“. Puechberg hatte, als er sein neues „Engagement“ bei der Peißerschen Companie antrat, seinen Wohnsitz von Schwechat nach Wien verlegt und seinen Sitz in dem sogenannten Graf Althanschen „Garten-Gebäu“ in der Rossau 78) aufgeschlagen, „welches wir zu Aufbewahrung der Baumwohl, der hiraus erzeugenden gspunsten, und der rohen Cotton-waar, desgleichen zu einer Spinn-factorei, und reappretirung der im hiesigen sowohl als Märkt-Lägern aus der Appretur gekommenen Waaren, nicht weniger, um allhir kleine Versuche in farb- wesen zumachen, von der Stadt Wiener Steuer- und quartirfrei erkauffet hatten“. Zur Kontrolle und da er „in dem Farbwesen eine starke Theorie, und in praxi selbst schon starke Käntnis hatte“, fuhr er im Frühjahr nach Sassin, um den dortigen „Operationen“ beizuwohnen, „allenfalls meine Erinnerungen hiebei machen, und Versuche hirüber anstellen“ zu können, „auch das jenige, was gut ausfielle, damit die Fabrick auf eine beständige gute manipulation gegründet würde, und in Veränderungsfallen nicht von dem Eigensinn der Künstler abhängen därfte“, ordentlich zu beschreiben79). Später wird er sich rühmen, er habe „die Coton Manufacturen zu Sassin und Schwechat ... dergestalten in Aufnahm gebracht, daß anjetzo solche auf eine jährliche Erzeügung von mehr als 200.000 Stück erweiteret worden, welches einen jährlichen Geldausfluß von 2 Millionen zum Vortheil der Erblanden verhindere“ 80). Zwistigkeiten mit dem Druckermeister Pellet und dem „Commis“ Poncet in Sassin, angebliche Intrigen und mangelnde Durchschlagskraft seiner beachtlichen Verbesserungsvorschläge bei der Companie, die „in lauter Blutsfreundschaft und Schwagerschaft“ bestand, bewogen Puechberg dann schon nach Jahresfrist zum Austritt aus der Firma. Die Sassiner Fabrik freilich ist deshalb noch lange nicht zugrundegegangen. Sie begann sogar zu florieren und dehnte sich noch während der letzten Lebensjahre Franz Stephans aus, um der, seit dem Entschluß der Kaiserin, „kein Exclusivum mehr auf die Cotton-Fabricatur zu erthei- len“ 81), ständig wachsenden Konkurrenz gerecht werden zu können. Am 24. Dezember 1764 zeigte sie an, „waßgestalten Sie eine neüe Cotton Fabrik 78) Es stand auf den Gründen des heutigen Franz Josephs-Bahnhofs. 79) Vgl. auch HKA Kamerale Fasz. 34 rote Nr. 1833, fol. 433 (Puechbergs Gutachten über das Projekt der Baronin Aichelburg zur Verfeinerung von Wolle 1781). so) HKA Kamerale Fasz. 11 rote Nr. 1074, fol. 167. 8>) HKA Commerz N.Ö. Fasz. 95 rote Nr. 222, fol. 117. Vgl. HKA Commerz N.Ö. rote Nr. 133, fol. 47 f. 14*