Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag
MIKOLETZKY, Hanns Leo: Holics und Sassin, die beiden Mustergüter des Kaisers Franz I. Stephan
204 Hanns Leo Mikoletzky mehrere das Fayence zu fabriciren hervorgethan hätten, die gleichwohl wegen der Holitzerfabrik von allerhöchsten Orte abgewiesen worden, der sich anerbietenden Familie kein beßeres Schicksal bevorstünde“. Da mischt sich der Staatskanzler, Fürst Kaunitz, selbst ein und fordert der Hofkammer ein diesbezügliches Gutachten ab. Und diese antwortet unter dem 17. April 1782, daß die Fabrik von Holies keineswegs ein ausschließendes Recht habe. „Vielmehr hat man schon verschiedenen Unternehmern in Böhmen und Triest die Errichtung der Fabriken von Fayence und Steingut aus dem Grundsätze gestattet, daß, je mehr die Konkurrenz bei jedem Erzeugungsartikel sich erweitert, desto sicherer auch der Wetteifer und der Kunstfleiß der Unternehmer Aufmunterung und das Publikum Vortheile in der Absicht auf die Güte der Waare und die anständigsten Preiß erhält. Gedachte Familie wird daher in Böhmen oder sonst wo immer in den k. k. Erblanden allerdings willkommen seyn, und sie mag sich des gleichen allerhöchsten Schutzes versichert halten, den alle übrigen erbländischen Fabriken genießen, in so ferne sie auf keinerlei Aerarial Geldvorschüße oder ausschließende Freyheiten rechnet“. Nichtsdestoweniger stellt man ihr am Ende doch Übersiedlungsbeiträge in der Höhe von 120 fl. für Ansiedler und 50 fl. für Handwerker in Aussicht56). Der Aufschwung von Holies ist also schrittweise verfolgbar. Ansonsten mußte der Kaiser anfänglich gewiß mit hohen Verlusten und ohne nennenswerten Reingewinn arbeiten lassen57), was besonders das Schicksal der vielleicht schon 1736 gegründeten Kattunfabrik in Sassin 58) beweist. Bereits zu Anfang der fünfziger Jahre zeigten sich hier bedeutende Schwierigkeiten, die schließlich zu ihrem Verkauf und ihrer engen Verbindung mit der Schwechater Cottonfabrik führten. Wir verdanken einige nähere Nachrichten darüber einer bemerkenswerten Persönlichkeit, die in der Finanzgeschichte der Monarchie eine zwar unauffällige, aber nicht unbedeutende Rolle gespielt hat, wenngleich ihre Wirksamkeit bis heute überhaupt nicht gewürdigt wurde. Es handelt sich um den am 21. Februar 1708 in Krems geborenen Johann Matthias Puechberg — er schreibt sich selbst gelegentlich „Buechberg“ —, der am 4. Februar 1788 als einer der ältesten Hofräte der Hofrechenkammer in der „obern Bräunerstrasse 1170“ stirbt59). Er war der Sohn des Joseph 56) Hofkammerarchiv Wien (= künftig: HKA) Commerz N.Ö. Fasz. 95 rote Nr. 222, Nr. 14 ex Aprile 1782. 57) Vgl. Hanns Leo Mikoletzky Kaiser Franz I. Stephan und der Ursprung des habsburgisch-lothringischen Familienvermögens, in: Österreich Archiv. 1961, 5. 45. 58) Johann Slokar, Geschichte der österreichischen Industrie und ihrer Förderung unter Kaiser Franz I. ... 1914, S. 279. 59) Ludwig und Karl Grafen und Herren von Zinzendorf ... Ihre Selbstbiographien nebst einer kurzen Geschichte des Hauses Zinzendorf, hrsg. v. Ed. Gaston Grafen von Pettenegg. 1879, S. 208. Über den Namen vgl. HKA Kamerale Fasz. 22 rote Nr. 1564, fol. 79.