Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 14. (1961) - Festschrift für Gebhard Rath zum 60. Geburtstag

BENNA, Anna Hedwig: Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien (1708–1710)

Ein römischer Königswahlplan Karls III. von Spanien 3 den österreichischen Erbländern und der römischen Krone in der Hand des letzten Habsburgers nicht gerne sehen wollte, obwohl England selbst seiner­zeit 1703 die Einsetzung Karls III. in das ungeteilte spanische Erbe be­trieben hatte14). 1711 lag es offenbar nicht mehr in Englands Interesse, die Herrschaft Karls III. in Spanien zu unterstützen. Zur Sicherung seiner Interessen in Spanien gedachte sich England des Herzogs von Savoyen zu bedienen, der im Testament Karls II. von Spanien an 3. Stelle nach Philipp von Anjou und Karl von Österreich substituiert worden war15). Die Hand der ältesten Tochter des verstorbenen Kaisers sollte zugleich die politischen Bande zwischen den beiden Häusern Savoyen und Habsburg verstärken. Zwar nicht auf Grund einer besonderen Instruktion, aber sicher im Geiste der Politik des englischen Hofes wurde dieser Plan von dem englischen Ver­treter am Wiener Hof Lord Peterborough dem böhmischen Kanzler Wratis- law, der zu den Hauptratgebern Josefs I. zählte und vor allem der Ver­trauensmann Karls III. am Wiener Hof war, vorgelegt16). Sehr zum Miß­fallen seines königlichen Freundes ging Wratislaw auf den englischen Plan ein17). Unabhängig von diesen Versuch, aus der prekären Lage Karls III. in Spanien und seiner Zwangslage, das Erbe der österreichischen Länder und die Bewerbung um die Kaiserkrone antreten zu müssen, Kapital zu schlagen, unterstützte England, besonders bei Brandenburg-Preußen, die Wahl Karls III. Karls Weigerung, Peterboroughs Angebot anzunehmen, kostete ihn nicht die englische Unterstützung seiner Wahl im Reich. Auch die unfreundliche Haltung Frankreichs, das Preußen durch Versprechen der Förderung einer brandenburgischen Kandidatur gewinnen wollte, und die Sympathien der Kurie für Sachsen konnten an dem Wahlausgang zu Gunsten Karls nichts ändern 18). Karl III. selbst erachtete wohl die Wahl im Reich für das wichtigste po­litische Ereignis nach dem Tod seines Bruders 19), verschloß sich aber den Mahnungen und Bitten Wratislaws, so bald als möglich nach Wien zurück­14) O. Redlich, Das Werden einer Großmacht. Österreich von 1700 bis 1740 (1942) S. 28. 15) Adalbert Prinz von Bayern, Das Ende der Habsburger in Spanien 2 (1929) S. 265. 16) Wratislaw an Karl III., 1711 April 27. A. v. Arneth, Eigenhändige Cor- respondenz des Königs Karls III. von Spanien (nachmals Kaiser Karl VI.) mit dem obersten Kanzler des Königreichs Böhmen, Grafen Johann Wenzel Wratis­law, AfÖG. 16 (1856) S. 148—150. M. Landau, Geschichte Kaiser Karls VI. als König von Spanien (1889) S. 255—58. O. Weber, Der Friede von Utrecht, Ver­handlungen zwischen England, Frankreich, dem Kaiser und den Generalstaaten 1710—1713 (1891) S. 79—80. Ziekursch a. a. 0., S. 17. 17) Karl III. an Wratislaw, 1711 Mai 27, Arneth, AfÖG. 16, S. 162. Zie­kursch a. a. O., S. 11. Landau a. a. O., S. 660. 18) Ziekursch a. a. O., S. 68 f., Siemsen a. a. O., 38, 39, Noorden, HZ. 18, S. 343. >9) Karl III. an Wratislaw, 1711 Mai 27, Arneth, AfÖG., 16, 163. 1*

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