Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

RILL, Gerhard: Prosper Graf von Arco, kaiserlicher Orator beim Hl. Stuhl 1560 bis 1572

52 Gerhard Rill auch seinen Vorrat an historischen Beispielen wieder zur Hand; außerdem standen ihm beratend Morone und Delfino zur Seite, — letzterer hielt damals Pius V. noch für einen ungefährlichen und hilflosen Greis48), sollte jedoch bald eines Besseren belehrt werden. Die freundliche Haltung des Papstes gegenüber dem Sondergesandten Khevenhüller in der Audienz vom 23. März zeigte, daß Arcos Besorgnis in diesem Punkt unbegründet war49). Drei Monate später hatte sich die Stimmung bereits wesentlich verschlechtert. In Fragen der Türkenhilfe zeige der Papst eine empörende Desinteressiertheit, berichtete der Gesandte, bei der Verfolgung der Häre­tiker sei er hingegen so eifrig, daß man ihn jetzt schon in Rom fürchte und hasse 50); er werde von weltfremden Mönchen beraten, halte jedoch überall Spione, die die Fürsten zu überwachen hätten51). Die Urteile werden immer härter. Im Juli schickte Arco wiederum eine ahnungsvolle Charak­teristik. Nach eigenem Bekenntnis richte sich der Papst ausschließlich nach seinem Gewissen, und nichts auf der Welt könne ihn davon abbringen; Gott möge verhüten, daß diese Gewissenhaftigkeit, — die man vielleicht mit mehr Recht Halsstarrigkeit (ostinazione) nennen könne—, der Christen­heit eines Tages großen Schaden bringe5-). Arco hingegen war nach Auf­fassung des Papstes, der überhaupt gerne die Gesandten umging und mit deren Herren in Verbindung trat, nicht mehr als ambasciatore und hatte sich nicht die Rolle eines consultore anzumaßen; wo er sich allzusehr in die Angelegenheiten des Papstes einmischte, fiel er in den Augen Pius’ V. aus der Rolle eines gentilhuomo 53). Sosehr hatten sich im Laufe eines halben Jahres die Gebräuche an der Kurie auch im diplomatischen Sektor geändert. Es scheint zunächst merkwürdig, daß Arco jenem Papst, der wie kein anderer von Beginn seines Pontifikates an um die Abwehr der Türken be­müht war, Nachlässigkeit in diesen Bestrebungen vorwarf. Seit Jahres­beginn 1566 konnte Arco über die Ligaprojekte Pius’ V. laufend berich­ten54). Anders stand es allerdings mit den Subsidien für den Krieg in Ungarn. Khevenhüller, der als Sondergesandter des Kaisers dem Papst zur 48) Delfino an Maximilian II. am 21. März 1566: der Papst mißtraue seinen engsten Mitarbeitern, pereké il buon vecchio confessa di non esser pratico in governare et ha panra di esser fatto fare. Rom Hofkorr. 6. 49) Berichte Arcos vom 19. Jänner, 5. und 23. März (über Audienz Kheven- hüllers) : Rom Korr. 26; Weisungen vom 8. und 27. Februar: ibid. — Vgl. Schwarz, Briefe und Akten 1, 11 f. (Beglaubigungsschreiben für Kheven­hüller); Hopfen 232; Nuntiaturberichte II 5, 82; Tagebuch Khevenhüllers (s. oben S. 41, Anm. 18) fol. 32'—33'. 50) Bericht vom 22. Juni 1566: Rom Korr. 27. 51) Hopfen 243 f. 52) Nuntiaturberichte II 6, 10. — Pastor 8, 49. 53) Nuntiaturbericht II 6, 12, 15. — Über die Beschwerden der Diplomaten, die sich vom Papst übergangen fühlten, berichtet Arco am 27. Juli: Rom Korr. 27. 54) Vgl. Schwarz 1, 11—13, 38. — Nuntiaturberichte II 5, 68, 82. — Paul Herre, Europäische Politik im Cyprischen Krieg 1570—1573, 1 (Leipzig 1902), 35.

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