Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

GOLDINGER, Walter: Das ehemalige Adelsarchiv

488 Archivberichte dieser Dienststelle4). Für die Erblande bekleidete er dieses Amt bis in das hohe Alter, später unterstützt von dem Hofsekretär Johann Friedrich Eger, der 1750 sein Nachfolger bei der böhmisch-österreichischen Hof­kanzlei wurde5 6). Auch diesem war eine lange Wirksamkeit bis 1785 be- schieden. Erst in diesem Jahre wurde er von Leonhard von Hentschel, der schon 1775 in gleicher Eigenschaft für das neueinzurichtende Galizien bestellt worden war, abgelöst8). Joseph II. brachte dem Wappenwesen kein Verständnis entgegen. Vor­schläge des genannten Hentschel, die der Abstellung von Gebrechen und Mißbräuchen in Galizien dienen sollten, wies er mit den lapidaren Worten zurück: Da wenig daran gelegen ist, wie die Wappen aussehen, so ist der Censor mit seiner ganzen Censur und die Auffassung der gelehrten heral­dischen Büchern hindanzulassen, und jedem gemahlene oder gestochene Greifen, Hörner, oder was immer für Thürme und Vieher, wenn sie ihm Vergnügen verschaffen, zu führen zu gestatten7). Eng verbunden mit der Wirksamkeit der Wappenzensoren war die Mög­lichkeit des Zutrittes zu den einschlägigen Archivalien. Dieses Argument wurde auch mehrfach ins Treffen geführt, um nicht dem Personalstand der Hofkanzlei gehörige Personen fernzuhalten. Ohne Erfolg. Denn 1808 bestellte der Kaiser den Regierungsrat Philipp von Bolza zum Wappen­inspektor8). Er war Beamter des Generaltaxamtes. Auch sein Nachfolger, der vormalige Reichshofratsoffizial Vinzenz von Seidl, kam 1819 von aus­wärts9). Erst 1832 gelangte das Amt des Wappenzensors wieder in die Hände eines Angehörigen der Hofkanzlei, des Registrators Johann Bret- schneider, dem für die Organisierung des Adelsarchivs wesentliche Be­deutung zukommt. Er erhielt diese Stelle bloß provisorisch, bekleidete sie allerdings durch 20 Jahre. Es hieß, daß man erst die endgültige Gestaltung des Adelsarchivs abwarten müsse, ehe man eine dauernde Entscheidung treffen könne. Dieses verdankt sein Entstehen zunächst einem mehr äußerlichen Um­stand. 1827/28 kam es zu einer Neuordnung in der Registratur der Hof­kanzlei, der das Archiv als Altregistratur unterstellt war. Man löste die bisherige Gliederung nach Ländergruppen auf und wandte sich einem Aufbau nach Sachbetreffen zu. Dabei fiel es auf, daß die Adelsmaterialien 4) L. Groß, Die Geschichte der deutschen Reichshofkanzlei von 1559 bis 1806, 1933, 116, 448. 5) Seit 1761 unterstützt von seinem Sohn, dem späteren Staatsrat Friedrich von Eger. AVA: Adelsgeneralia 36. 6) Ebenda. 7) Ebenda, Adelsgeneralia 35 : 65 ex September 1789. 8) Ebd., Adelsgeneralia 36. H. Jäger-Sunstenau, Die Wiener Linien des Geschlechtes Bolza. Monatsbl. Adler 5, 1943, 175—185. 9) Öfter auch in der Schreibung Seydel. Er war 1773—1798 Kanzleischreiber, 1798—1806 Taxamtsschreiber in der Reichskanzlei gewesen. Groß, a. a. O., 470, 474.

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