Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)
GOLDINGER, Walter: Das ehemalige Adelsarchiv
Österreich 489 stark zersplittert waren, jedenfalls bestand keine Evidenz. Wollte man sich über das Bestehen eines Prädikates unterrichten, mußte man in den Behelfen aller Provinzialabteilungen, oft auch in den Akten selbst, nachsehen. Dem sollte nun abgeholfen werden, indem der genannte Bretschneider mit Dekret vom 4. September 1828 beauftragt wurde, eine Evidenz der Adels-, Inkolats- und Privilegienverleihungen zu erstellen10 *). Wenn man will, ist dies der Geburtstag des Adelsarchivs, obwohl dieses Vorläufer hat, praktische und ideelle. Von der Tätigkeit der Wappeninspektoren ist schon die Rede gewesen. Diese kommt aber in diesem Zusammenhänge weniger in Betracht, da von ihr kein schriftlicher Niederschlag erhalten ist, wenn man von den den Adelsakten fallweise beiliegenden kurzen Beurteilungen absiehtJ1). Wohl aber muß hier der Anlage der sogenannten Salbücher gedacht werden. Diese beginnt um 1779 und wurde bis in das 4. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts fortgesetzt. Es handelt sich um die Herstellung von Kopien der Gratialia der Hofkanzlei, die naturgemäß auch die Konzepte zahlreicher Adelsverleihungen enthielten, über die man auf diese Weise eine gewisse Übersicht erhalten konnte. Durchzuführen hatte diese Arbeit die damals mit Personal ziemlich stark besetzte Hofkanzleiregistratur, doch ging das Unternehmen sehr schleppend vor sich. Mehrfach griff man auch auf Lohnschreiber, was zur Folge hatte, daß die Blätter eine starke Raumverschwendung aufweisen. Auch sonst wurde häufig mit voller Absicht mit wenig Sorgfalt gearbeitet, weil eben die Schreiber an der Wiederholung ihrer Tätigkeit interessiert waren. Immerhin entstand im Laufe der Jahre eine stattliche Reihe von Abschriften, die aber zumeist noch nicht gebunden wurden. Eingegliedert waren auch jene älteren Bände, die man in den Beständen des Hofkanzlei- archivs aufgefunden hatte und die als ältere Kopialbücher, in Einzelfällen wohl auch als Originalregister der Hofkanzlei anzusehen sind. Der schon genannte Registrator Bretschneider widmete sich auf Grund eines besonderen Auftrages vom 24. Dezember 1828 auch mit Eifer der Fortführung der Salbücher, die als eine Sammlung unter amtlicher Aufsicht angefertigter Abschriften der Originalkonzepte und Originalurkunden gedacht war. Letzteres konnte allerdings nur in Ausnahmefällen zutreffen, weil sich diese ja in der Regel bei den Empfängern befanden. Ein Vergleich der schon vorhandenen lückenhaften und nicht fehlerfreien Abschriften mit den Originalkonzepten stieß deshalb auf Schwierigkeiten, weil gerade in der letzten Zeit, auch nach der förmlichen Organisierung des Hofkanzleiarchivs im Jahre 1820, viele Stücke vernichtet worden waren, was Bretschneider lebhaft beklagte und die Archivs- und Registraturdirektion zu lahmen Entgegnungen zwang. Alsbald konnte aber über die Fertigstellung von 117 Salbüchern 10) AVA: Adelsgeneralia 1/1 : 20063/1828. ”) Meist in der Form: Der Kunst und dem Stande angemessen.