Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)

GOLDINGER, Walter: Das ehemalige Adelsarchiv

Österreich 487 stellen. Diese Agenden waren meist nur Teilgebiete weiterausgreifender Kompetenzen. Versuche einer Herauslösung der Adels- und Wappenange­legenheiten, ihre Verselbständigung und Verfachlichung, wurden zwar mehrfach unternommen, ein bleibender Erfolg blieb jedoch aus. Als ersten Vorläufer darf man die Einrichtung der Wappeninspektoren oder Wappenzensoren ansehen, die sich zunächst in Innerösterreich nach- weisen lassen. Vom 19. I. 1616 stammt eine Instruktion für Andre Nästran in Graz, der zum Wappeninspektor für Innerösterreich bestellt wird. Er sollte überwachen, ob jemand einen Helm oder ein Wappen ohne Verleihung führe, unberechtigt mit rotem Wachs siegle und ob sich die Comites pala­tini in den Grenzen ihrer Befugnisse hielten. Eine unmittelbare Exekutive stand ihm jedoch nicht zu, er konnte bloß an die Regierung Anzeigen und Berichte erstatten, doch war er an den Taxen und Strafgeldern beteiligt. Die Annahme von Geschenken und „Schmieralien“ war verboten1). Die Strafsätze waren hoch, konnten daher in der Regel nicht voll ein­getrieben werden. Anmaßungen von Titeln und Wappen kamen immer wieder vor. Kein Wunder, daß der durchaus fiskalistisch denkende Hof­kammerrat Christian Schierl von Schierendorf in einer Denkschrift, die sich ungefähr auf das Jahr 1712 datieren läßt, den Plan eines kaiserlichen Heroldsamtes entwickelte. Das preußische Vorbild dürfte mitspielen. Schie­rendorf denkt sich das Heroldsamt als einen locus credibilis, zugleich als eine Stelle, an der Familienarchive hinterlegt werden könnten. Sein Grund­gedanke besteht darin, daß er gegen den erblichen Adel auf tritt, die Ver­leihungen sollten nur persönlichen Charakter haben, wodurch dem Staate die Taxen, die allerdings zu ermäßigen wären, nicht bloß einmal zufließen würden. Fiskalisch errechnet er aus dem Erträgnis der Taxen bei der einmaligen Anmeldung der Adeligen und aus den Gebühren der mit 5000 angenommenen jährlichen Neuverleihungen einen Erfolg von mehr als einer Million Gulden2). Dies fällt auf, weil ungefähr zur nämlichen Zeit das erste preußische Heroldsamt wegen zu hoher Kosten aufgelassen wurde 3). Schierendorfs Plan wurde nicht verwirklicht. Ohne fiskalischen Neben­zweck bestand aber in der Reichs- und in der österreichischen Hofkanzlei damals das Amt eines Wappeninspektors, das der Kurfürst Lothar Franz von Mainz 1707 geschaffen hatte. Hiefür war die Sorge vor Wappenanmas- sungen bestimmend gewesen. Als erster Wappeninspektor der Reichskanzlei wurde der Ire Wilhelm Okelly d’Aghrim, Professor an der Ritterakademie in Wien, berufen. Ihm folgten in der Reichskanzlei zumeist Konzipisten i) Alig. Verwaltungsarchiv (AVA): Adelsgeneralia 36, Steiermark.-) O. Mitis, Schierendorfs Plan eines kaiserlichen Heroldsamtes. Archiv. Zeitschr. 40, 1931, 121—130. 3) P. M a r t e 11, Das königliche Heroldsamt zu Berlin. Monatsbl. Adler 1916, 530—532.

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