Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)
RILL, Gerhard: Prosper Graf von Arco, kaiserlicher Orator beim Hl. Stuhl 1560 bis 1572
Prosper Graf von Arco, kaiserlicher Orator beim Hl. Stuhl 1560—1572 39 machte er den Papst sofort auf die ausschließliche Autorität des Kaisers in dieser Frage aufmerksam. War aber diese Autorität tatsächlich in der Lage, rechtswahrend in Erscheinung zu treten ? Der Gesandte glaubte diese Frage bejahen zu können, nicht etwa unter Berufung auf die Möglichkeit eines direkten Eingreifens, sondern — in später Nachfolge der alten Grundthese Gattinaras — durch das Prinzip indirekter Herrschaft, mit dem Fingerzeig auf die Nachbarn der widerspenstigen Genuesen, Savoyen und Florenz; hier lag nach Arco die gefährliche Schärfe des bando imperiale. Und daß er diesmal scheinbar recht behielt, förderte noch diesen trügerischen Optimismus. Der rechtzeitige Wink mit der Reichsacht, berichtete er im April 1562, habe seinen Zweck erfüllt; überall freue man sich über die Gerechtigkeit des Kaisers und über den Schutz, den er seinen Untertanen angedeihen lasse 6). Zwar hatte nach Philipp II. auch der Papst zumindest ansatzweise schiedsrichterlich eingegriffen. Allein die Erklärung, es geschehe dies ohne präjudizierliche Grundlage, genügte vollkommen. Arco stand hier völlig im Banne des zeitüblichen Formalismus. Deutlich zeigt dies sein Verhalten gegenüber den Präzedenzstreitigkeiten in Rom, Wien und Trient. Gerade am Konzil hatten sich aus Vorrangstreitigkeiten zwischen Gesandten weltlicher Herrscher, Kirchenfürsten und selbst geistlicher Orden oft äußerst kritische Situationen ergeben7). Bedeutend fühlbarer machte sich für Arco der alte Konflikt zwischen Florenz und Ferrara bemerkbar8). Im November 1561, also ca. ein Jahr nach dem Scheitern des mediceischen Königsprojektes, wurde die Aufmerksamkeit des Gesandten auf diesen Gegenstand gelenkt, als in Wien die Absicht des Papstes, eine Schlichtungskommission einzusetzen, kolportiert wurde9). Die Situation war äußerst unübersichtlich: während Ercole II. noch 1541 an der Tafel des Kaisers in Lucca seinen Vorrang wahren konnte, gewann nach Entscheidungen Albas und Karls V. Florenz allmählich die Oberhand. 1561 flammte der o) Berichte vom 5. September und 1. November 1561 und vom 8. und 11. April 1562: Rom Korr. 15 und 16; Weisungen vom 19. Dezember 1561: Orig. Arco-Archiv Adldorf, und 26. April 1562: Rom Korr. 29. — Über die Fühlungnahme des Kaisers mit Spanien wegen Finale seit Anfang 1560 vgl. die in der Colección de documentos inéditos 98 (1891) passim, bes. 112 ff., publizierten Schriftstücke. 7) Susta passim, bes. 1, 94, 105 f.; 2, 159 f.; 3, 429. — Pietro Gribaudi, Questioni di precedenza fra le Corti italiane nel secolo XVI (Rivista di Scienze Storiche 2, 1904) 166 ff. — Pio Pa schini, Ambasciate e ambasciatori a Roma dal quattro al Cinquecento (Ambasciate e ambasciatori a Roma, Milano- Roma 1927) 47 ff. 8) Venceslao Santi, La precedenza tra gli Estensi e i Medici e l’Historia de’ principi d’Este di G. Battista Pigna (Atti della Dep. ferrarese di storia patria 9, 1897) 35—122. — Giuseppe Mondaini, La questione di precedenza fra il dúca Cosimo I de’ Medici e Alfonso II d’Este (Firenze 1898). — C arcerer i, Cosimo 1, 12 ff. und 77 ff. 9) Weisung vom 3. November 1561: Rom Korr. 29.