Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)
RILL, Gerhard: Prosper Graf von Arco, kaiserlicher Orator beim Hl. Stuhl 1560 bis 1572
36 Gerhard Rill trägliche Auslegung allgemeiner Zusagen im Sinne des ostensiblen Teiles dieser Instruktion74 75 *). Der Gesandte mochte sehr richtig erkennen, daß man ihn getäuscht hatte; noch aber hatte er nicht erfahren, daß der Ausgangspunkt dieses Manövers nicht an der Kurie sondern am Wiener Hof zu suchen war. Pius IV., der sich durch die Zusagen Delfinos in eine sehr heikle Lage versetzt sah, behalf sich indessen mit ständigem Verzögern der Entscheidung und mit der Befragung der Kardinäle 7ä). Gerade das reizte jedoch Arco, — der überzeugt war, man wünsche dem Kaiser zur Ablenkung sogar die Türken auf den Hals, — zu neuen Vorstößen79). Er war dabei in den Mitteln nicht wählerisch. Als ihn der Papst an die Deputierten verwies, verlangte Arco von Pius IV., er möge den Kardinälen vorher einzeln Zureden und das coniugium als Gewissensfrage behandeln; denn das Privatleben der Kardinäle entspreche in vielen Fällen nicht ihrer Stellungnahme in dieser Frage. Sollten die Kardinäle sich trotzdem hartnäckig zeigen, so werde er den Papst auch in diesem Punkte entsprechend unterrichten und selbst vor Diffamierungen nicht zurückschrecken77). Arco war jetzt vollkommen isoliert, nicht einmal Morone trat offen für die Gewährung der Priesterehe ein78). Der französische Gesandte, an den ihn der Kaiser im Jänner 1565 verwies, begrüßte zwar die Anstrengungen Arcos, hatte jedoch keine Weisung zu aktivem Eingreifen79). Der bevorstehende Reichstag schien Arco ein neues Pressionsmittel in die Hand zu geben; schon einmal sei ein großer und mächtiger Herrscher, Karl V., zu einem Interim gezwungen worden, weil ihn der Papst, Paul III., im Stich ließ. Auch dem Kardinal Pacheco gegenüber, der laut Mitteilung Morones und Altemps’ auf Befehl Philipps II. gegen die Priesterehe Vorgehen sollte, berief sich Arco auf die Verhandlungen Karls V. mit der Kurie80). Es ist kein Wun74) Bericht vom 30. Dezember: Nuntiaturberichte II 4, 263. 75) Constant, Concession 555 f. 7°) Bericht vom 13. Jänner: Nuntiaturberichte II 4, 280 f. 77) ... et le (SSli) detti el modo, ch’era: quando questi cardinali, che facevano piü romore de gl’altri, andavano a SS1'1, volesse chiama/rgli da parte a uno per uno, et dire a ciascuno di loro separatamente, ch’esaminasse bene la sua conscienza, et considerasse come esso era continente; ch’a questo modo essi sarebbono stati meno severi et ostinati. Questo dissi, per che so, che pochi ce ne sono (et il papa ancora lo sa), ehe non habbino figlioli et concubine, et forsi qualche cosa di peggio. II papa mi promesse farlo, et io le dissi, che non mancher ei d’informargli, ancora che vedessi, ehe questo era un modo di farmeli nemid, pereké sarei stato forsato a quelli si mostravano tanto ostinati fuori d’ogni ragione et ehe dicevano molte parole impertinenti, a dirgli molte cose ehe non sarebbono loro piaciute. Nuntiaturberichte II 4, 279. 78) Nuntiaturberichte II 4, 292. 79) Nuntiaturberichte II 4, 282 (Weisung vom 21. Jänner) und 299 (Bericht vom 17. Februar). 80) Berichte vom 8. und 10. Februar und 14. April: Nuntiaturberichte II 4, 294 f., 335.