Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 13. (1960)
VESELINOVIC, Rajko L.: Die „Albaner“ und „Klimenten“ in den österreichischen Quellen zu Ende des 17. Jahrhunderts. Historisch-geographische und ethnographische Abhandlung
204 Rajkó L. Veselinovic Um'die serbischen Stämme zu gewinnen empfiehlt Marsigli in seinem Memorial an Kaiser Leopold I., durch einen Brief den Patriarchen der Rascier (Patriarca dei Rasciani) zum Aufstand anzufeuern. Der Sitz dieses Patriarchen wird im Memorial Ipek (Pec) genannt, ein Ort der albanischen Klimenten (Che stalla in Ipek, loco degli Albanesi Climen ti). Der Patriarch sollte seinerseits mit seiner Autorität seine Völker in Albanien, Serbien überreden, gegen die Türken zu den Waffen zu greifen (ad animare li suoi popoli in Albania, Servia de prender l’armi contro i Turchi) 21). Alle diese ,,Völker“, bzw. Stämme, die der Patriarch Arsenije III. zum Aufstand gegen die Türken bewegen sollte, waren de facto „Schismatiker“, d. i. orthodoxe Stämme. Nachdem unter die Jurisdiktion des Patriarchen Arsenije nicht auch die römisch-katholischen Klimenten im hohen Massiv Prokletije, in den Bergen (Malessia), fallen konnten, ist also Ipek als ein Ort der albanischen Klimenten unrichtig bezeichnet. Leopold ging auf das Memorial, d. i. Marsiglis Vorschlag, ein, der ihm am 1. April 1690 überreicht wurde. Schon kurz nachher, am 6. April, rief der Kaiser durch einen Schutzbrief oder Invitatorium „alle Völker, die in ganz Albanien, Serbien, Mösien, Bulgarien, Silistrien, Illyrien, Makedonien, Rascien wohnen“, auf, sich gegen die Türken mit den Waffen zu erheben. Dieser Schutzbrief (litterae protectionales, Schutzschreiben für die Rai- z is che Nation)22) wurde „hauptsächlich an das albanische Volk (Imprimis vero populo Albanesi)“ gerichtet23). Gemäß dem Vorschlag des erwähnten Marsigli sandte der Kaiser am gleichen Tage auch an den serbischen Patriarchen Ai'senije III. einen Brief. Darin hob der Kaiser unter anderem den mächtigen Einfluß hervor, den der Patriarch besonders unter den Albanern und Rasciern genieße — qua apud populos illarum Partium, et imprimis Albanenses, et Rascianos polletis authoritate“ 24 *). Weder im Memorial noch im Schutzbriefe wird zunächst an Albanien selbst gedacht, in dessen nördlichem Teil die römisch-katholischen Stämme hausen (Klimenten, Hoti, Kastraten, Skreljen, Rapsa; Abb. 2), denn in diesem Falle hätte Kaiser Leopold, bzw. seine Kanzlei, keinen Brief an den serbisch-orthodoxen Patriarchen in Ipek zu richten gehabt, sondern an den römisch-katholischen Erzbischof in Üsküb, der damals die Verwaltung über die Katholiken in Pilot (Pulati, Pulti) 23) innehatte und ebenso an den 21) Derselbe, Prilozi, 19. — Derselbe, O postanku i znacenju, 151. 22) Kriegsarchiv zu Wien: Feldakten, Abt. 23, N° 91. 23) Haus-, Hof- und Staatsarchiv zu Wien: Illyrico-Serbica, Fasz. I (16. II. 1737), Convul. B. — Dr. J. Radonic — Dr. M. K o s t i c, Srpske privilegije od 1690 do 1792. Beograd 1954, 26, 89 (Abgek.: Radonic-Kostic, Privilegije). 24) Radonic-Kostic, Privilegije, 19, 90. 23) Staatsarchiv zu Dubrovnik (Ragusa): Diversa de foris, sv. 124, fo 91— 96’: „... Ego infrascriptus sanctae romanae ecclesiae licet indignus et in conspectu Dei mei peccator maximus Petrus Bogdanus, Archiepiscopus