Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
PILLICH, Walter: Kunstregesten aus den Hofparteienprotokollen des Obersthofmeisteramtes von 1638–1780
524 Literaturberichte tont, daß er nicht eine Biographie seines „leidenden Helden“ zu schreiben beabsichtigte, wird man eine Schilderung der Periode von 1846—1850, wie sie Haies vermittelt, in jeder Biographie Pius IX. zu finden wünschen. Für diese Zeit sind die von H. aufgezeigten Probleme zweifellos auch die für die Entscheidungen des Papstes maßgebenden gewesen. Dann allerdings gewinnt die Darstellung der Ideen und der Politik des Risorgimento und des französischen Liberalkatholizismus bzw. Ultramontanismus das Übergewicht über jene des Lebens des Papstes und dessen Universalpolitik. Es mag sein, daß die starke Betonung der beiden genannten Strömungen darauf zurückzuführen ist, daß Haies gerade als englischer Historiker seinen Landsleuten die Haltung des von ihnen im Allgemeinen meist sehr angefeindeten Papstes durch sein intensives Eingehen auf dessen bittere Erlebnisse in dieser Hinsicht verständlich zu machen sucht. Dieses Ziel dürfte Haies auch wirklich erreicht haben, da sein Buch durch seinen ausgezeichneten Stil und die kluge und geschickte Verwertung bisher wenig bekannter zeitgenössischer Werke und Erinnerungen (z. B. von Farini und Pasolini) und moderner Publikationen (G. F. H. Berkeley, The Making of Italy, Oxford 1932—1940) im englischen Sprachraum eine starke Verbreitung findet. Über die kirchenpolitischen Ereignisse in Mitteleuropa während des Pontifikats Pius IX. und besonders in der Donaumonarchie, die im Leben dieses Papstes doch eine bedeutende Rolle zu spielen berufen war, wurde man in der englischen Ausgabe des Buches allerdings kaum oder nur unzutreffend informiert (Pio Nono, Creator of the Modern Papacy, New York 1954). Der Verlag Styria hat daher dankenswerter Weise nicht nur von Gerolf Coudenhove eine sprachlich hervorragend gelungene Übersetzung besorgen lassen, sondern auch eine sehr klare, zusammenfassende Übersicht über die kirchenpolitischen Ereignisse in Deutschland und Österreich aus der Feder des bekannten Grazer Kirchenhistorikers Andreas Posch als Nachwort zum Werk von Haies veröffentlicht, das dadurch nicht nur an Umfang, sondern auch an Verwendbarkeit für den österreichischen und deutschen Historiker beträchtlich gewonnen hat. Nunmehr liegt ja auch schon der erste Band der vom gleichen Verlag herausgegebenen Darstellung der Beziehungen Österreich-Ungarns zum Vatikan auf Grund der archivalischen Quellen in Wien, Paris und London von Friedrich Engel- Janosi vor, das alles das enthält, was der österreichische Leser bei Haies vermissen könnte '). Für eine Neuauflage der deutschen Ausgabe des Werkes von Haies sei aber doch empfohlen, die etwas unklaren Hinweise auf frühere Arbeiten von Engel-Janosi im Zusammenhang mit der Schilderung der Papstwahl von 1846 und der Frage des österreichischen Veto (S. 23) durch Zitate zu präzisieren und die Ergebnisse eindeutig zu referieren. Bei der historischen Darstellung der Verehrung der Unbefleckten Empfängnis (S. 206 f.) wäre m. E. doch auch die besondere Förderung zu erwähnen, die gerade die habsburgischen Herrscher diesem Fest seit Jahrhunderten zuteil werden ließen und die gewiß als nicht unbeträchtliche Vor') Friedrich Engel-Janosi, Österreich und der Vatikan, Band I, 1846—1903, Graz-Wien-Köln 1958. v