Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

KISZLING, Rudolf: Glaubenskämpfe in Albanien um die Jahrhundertwende

426 Rudolf Kiszling vor ihrer Abfahrt nach fernen Ländern mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen hatten in einer Zeit, in der sie für ihre Reisen auf ausländische Schiffe und die Unterstützung fremder Kolonialmächte angewiesen waren. Ihre Leistungen, vor allem auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und Völkerkunde, verdienen darum um so höhere Anerkennung. Glaubenskämpfe in Albanien um die Jahrhundertwende. Von Rudolf Kiszling (Wien). Auf dem Balkan, in diesem politischen Wetterwinkel Europas, über­schnitten sich seit jeher machtpolitische, nationale und wirtschaftliche Interessen, zu denen sich auch noch religiöse Gegensätze gesellten. Diese Gegensätze gingen einerseits vom ökumenischen Patriarchen in Konstan­tinopel aus, der sämtliche griechisch-orthodoxen Gläubigen betreuen wollte, andererseits von der russisch-orthodoxen Kirche, die sich aller Balkan­slawen annahm. Schließlich wirkten als Schutzmächte über die Katholiken noch die Donaumonarchie und Frankreich, in geringerem Maße auch Ita­lien. Alle diese Angehörigen christlicher Religionen hatten sich in den jeweils zur Türkei gehörenden Gebieten mit dem Islam als der türkischen Staatsreligion auseinanderzusetzen. Letzten Endes spielte in den größeren Handelsorten auch das Judentum eine Rolle. Die Rechte Österreichs, in Glaubenssachen auf die Priester, Mönche oder sonstigen Angehörigen des römisch-katholischen Glaubens gleich- weicher Staatszugehörigkeit sowie auf deren Kirchen ein Protektorat auszuüben, stützte sich auf den Frieden von Zsitva Torok 1606, auf den Vertrag von Konstantinopel 1681, dann auf die Friedensverträge von Kar- lowitz 1699, Passarowitz 1718, Belgrad 1739 und Sistow 1791 >). Ähnliche Verträge hatte auch Frankreich mit der Türkei abgeschlos­sen, doch waren diese nur auf französische Staatsbürger anwendbaren Rechte nicht so weitgehend wie jene Österreichs, die auch auf türkische Staatsangehörige katholischen Glaubens Geltung hatten. Dies bedeutete allerdings keinen generellen Schutz der Katholiken der Türkei ; das Protek­toratsrecht trat nur in Geltung, wenn ein Streitfall in die religiöse Rechts­sphäre fiel. Im Gegensatz zu Frankreich, das katholische Institutionen im ganzen Orient betreute, übte Österreich — weil es im 17. und 18. Jahr­hundert keine Kriegsflotte besessen hatte — das Protektorat über die katholische Kultur vornehmlich nur in den, dem Habsburgerreich nahe­>) I p p e n, Th. A.: Das religiöse Protektorat Österreich-Ungarns in der Türkei. In: Die Kultur. Zeitschrift für Literatur und Kunst, hsg. v. d. österr. Leo-Gesellschaft, III. Jhrg. 1901/02 (Wien u. Stuttgart 1902), S. 298 ff. — Benna, A. H.: Studien zum Kultusprotektorat Österreich-Ungarns in Albanien im Zeitalter des Imperialismus (1888—1918). In: Mitteilungen des österr. Staats­archivs, 7. Bd. (Wien 1954), S. 13 ff.

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