Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

KISZLING, Rudolf: Glaubenskämpfe in Albanien um die Jahrhundertwende

Glaubenskämpfe in Albanien um die Jahrhundertwende 427 gelegenen Ländern aus, so in den Vilajets Kossovo, Skutari, Janina und zum Teil von Monastir. Dieser Kaum wurde fast ausschließlich von Al­banern bewohnt, von denen sich zwei Drittel zum Islam bekannten; der Rest teilte sich auf die griechisch-orthodoxe und die römisch-katholische Kirche im Verhältnis wie zwei zu eins2). Überdies lebten im Raume Metzovo-Janina etwa 200.000 griechisch-orthodoxe Kutzowalachen, der Rest jener Walachen, die im Spätmittelalter in einer allgemeinen Nordbewe­gung als Hirten auch den Westbalkan durchzogen und hiebei von den be­reits seßhaften Kroaten slawisiert wurden3). Die Rechte, die auf Grund von Verträgen, dem Herkommen und den kodifizierten Gesetzen nach den Katholiken zukamen, waren die Freiheit des Bekenntnisses, die Freiheit für den katholischen Klerus bei Ausübung des Priesteramtes sowie seine Befreiung von verschiedenen Steuern, die Freiheit für die Katholiken beim Besuch ihrer Kirchen und bei der Ab­haltung von Prozessionen, die Errichtung neuer Kirchen und die Reparatur alter Gotteshäuser, die Anerkennung der katholischen Kirchengesetze in Ehesachen und Testamenten und das Recht zur Errichtung von Schulen. Von den politischen Interessen, die sich um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in dem damals ganz zur Türkei gehörenden albanischen Raum geltend machten, wäre zunächst die französische Propaganda zu nennen, die — wie das k. u. k. Außenministerium vermutete — auch im Dienste der allslawischen Idee stand und von Rußland sowie von Monte­negro unterstützt wurde, was wegen des seit 1892 bestehenden russisch­französischen Bündnisses nicht unglaubwürdig erscheint. Da die fran­zösischen Missionare über reiche Geldmittel verfügten, wandten sich ihnen viele der hilfesuchenden Makedobulgaren und Kutzowalachen zu, dies um­somehr, als diese Volksstämme mit der unduldsamen Haltung des grie­chisch-orthodoxen Patriarchats unzufrieden waren. Hier wäre auch der unüberbrückbare Gegensatz zwischen den Albanern und Griechen zu er­wähnen, denen beiden auch vor dem Slawismus bangte. Eine eigenartige Position hatte Fürst Nikola von Montenegro bezogen, der mit seinen von Rußland geförderten Balkanplänen jene Italiens kreuzte, obwohl ihn verwandtschaftliche Fäden mit dem Hause Savoyen verban­den 4). Er bezog aber auch jährlich eine Apanage vom Kaiser Franz Joseph. Italien zog Vorteil aus dem Umstand, daß die Donaumonarchie in Albanien Schulen errichtete, in denen in italienischer Sprache unterrichtet wurde. Überdies handelte das apenninische Königreich auch mit den von Frank­reich in den Orient entsandten Lazaristenmönchen in der kulturellen Behandlung der Kutzowalachen konform, offenbar als Ausfluß einer roma­2) Im Jahre 1930 gab es etwa zwei Millionen Albaner, hievon im heutigen Albanien rund 1.2 Millionen. 3) Kiszling, Rudolf: Die Kroaten. Der Schicksalsweg eines Südslawen­volkes (Graz—Köln 1956), S. 20. — Osteuropa-Handbuch. Hsg. v. M a r k e r t, Werner. Bd. Jugoslawien (Köln—Graz 1954), Karte VIII. 4) „Die Information“. Private Mitteilungen für Zeitungen- Gesandtschaften, Konsulate, Politiker und Finanziers. Hsg. v. k. u. k. Min. d. Äußeren. XV. Jhrg. Nr. 293 (Wien 1901). — Siehe auch das von Hofrat v. Fuchs im Mai 1902 ver­faßte Memoire: Das k. u. k. Kultusprotektorat in der Türkei.

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