Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

370 Friedrich Roemheld schwächt, daß ich nicht einmal etwas auf die Jagd reiten kann, und auch alle unsere Leute klagen über Unwohlsein ... Noch bemerken muß ich, daß seit drei oder vier Tagen bei unserm Kranken wieder die bösen Ge­schwüre erscheinen, die ihm im vorigen Harief (Regenzeit) so manche schlaflose Nacht bereitet haben ..Am 24. Mai schreibt Heuglin: „Am 21. und 22. hat sich der Zustand unseres Patienten eher verschlimmert als gebessert, er war sehr matt und der Kopf ungewöhnlich stark angegriffen ... Vorgestern abend und gestern vormittag waren sehr starke Schweiße eingetreten, die die Mattigkeit eher vermehrten; aber zu meiner großen Freude und Beruhigung wurde nach starker Friktion mit trockenen war­men Tüchern auf Kopf, Brust und Rücken der Kranke munterer, Kopf und Aussehen heller und die bisher matten und eingefallenen Augen wieder klar und lebhaft. Die Nacht ist wieder etwas Schlaf eingetreten, und er scheint heute noch an Kraft zugenommen zu haben. Die Schmerzen im Unterleib sind so ziemlich verschwunden ..., nur sind starke Beengungen auf der Brust vorhanden. Appetit ist noch keiner da ... Zum Glück ist auch gestern und heute die Witterung besser, indem wir seit vorgestern nacht keinen Regen mehr hatten. Über die Zeit des Aufbruchs aus diesen infamen Steppen kann natürlich noch nichts bestimmt werden, und die lange Reise bis zum Blauen Nil wird immer mit großen Anstrengungen für den Rekonvaleszenten verbunden sein, da bei Sonnenschein die Hitze ganz infernalisch ist und bei Regen eine so empfindlich stechende Kälte eintritt, wie ich sie in Europa nie gefühlt ... P. S. Nachmittags 5 Uhr am 24. Mai: Ich hatte dieses Schreiben kaum zusammengefaltet, als ich zu Dr. Reitz gerufen wurde, bei dem eine plötzliche Kälte in den Extremitäten eingetreten war, zu der sich so bedenkliche Krämpfe und Zuckungen ge­sellten, daß ich glaubte, er werde wohl die nächste Stunde nicht mehr erleben. Die Lippen waren bereits starr und blaß, die Gesichtsmuskeln ver­zerrten sich schrecklich, und die Augen standen starr aufgerissen, während die fieberhaften Pulse von Zeit zu Zeit intermittierten. Dieser Zustand mag gegen 2 Stunden gedauert haben, während welcher Zeit ich beständig Friktionen auf den kalten Armen und Beinen machen ließ. Später trat starre Ruhe ein und seither eine ganz sonderbare Art von raschem Irre­reden, wobei er oft aus dem Bette aufspringen will und gewaltig mit den Armen agiert. Merkwürdigerweise hat man mir alle diese Zustände voraus­gesagt und sogar noch Schlimmeres prophezeit. Wolle Gott die Propheten Lügen strafen! Am 25. Mai, morgens 6 Uhr: Die Nacht war sehr unruhig, der Kranke phantasierte immerwährend sehr stark, konnte kein Auge schließen, klagte viel über Durst, der mit lauem Reiswasser und Zucker gestillt wurde, der Kopf war meistens sehr heiß, Hände und Füße kalt. Einmal — nach Mitter­nacht — schien das Phantasieren nachzulassen, und er sagte mir einiges, was ich im Falle seines Todes besorgen und ins reine bringen sollte, namentlich amtliche Gegenstände, was ich vor seinen Augen zu Papier

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