Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
Konstantin Reitz 369 Eski als Theodoros II. vom Abuna Salama zum Kaiser (Negus-Negesti) von Abessinien salben und krönen68). Konstantin Reitz wollte, wie versprochen, in Metamma auf seinen an den Ras Ali gesandten Dolmetscher Gabriel warten. Heuglin aber zog schon voraus, um in der Gegend von Doka noch etwas zu jagen. Er brach am 22. April auf und erreichte Doka zwei Tage später. Unterwegs war er schwer an Ruhr erkrankt, so daß er sich nur mit Mühe hatte weiterschleppen können. Am 30. April traf auch Reitz in Doka ein, nachdem er vergebens auf Gabriel gewartet hatte. Auch er war von einer bösartigen Ruhr befallen worden, die seinen so kräftigen Körper schon stark angegriffen hatte. An eine Fortsetzung der Reise war unter diesen Umständen vorläufig nicht zu denken. Aber während sich Heuglin bald wieder einigermaßen erholte, wurde Konstantins Zustand von Tag zu Tag bedenklicher. Über den Verlauf von Konstantins Krankheit hat Heuglin ausführlich an den Generalkonsul von Huber berichtet. Am 20. Mai schreibt er: „Seit zwei Tagen hat sich bei unserem Patienten etwas Schlaf eingestellt, der, obgleich nie von langer Dauer, doch sichtlich stärkend auf ihn einwirkt. Er genießt dagegen immer noch nichts als Reiswasser mit etwas Zucker ... Der Regen hat sich mit aller Macht jetzt bei uns eingestellt, und wir mußten eiligst Toguls für den Kranken bauen lassen. Drei Nächte habe ich im blanken Wasser geschlafen, und der Morast ist bodenlos. Doch habe ich immer noch Hoffnung, daß wir, wenn baldige Besserung bei Herrn Dr. Reitz eintritt, den Nil noch vor Ausbruch des Regens zwischen Kedaref und Abu Harras erreichen können. Die feuchte Luft und ungemein stark wechselnde Temperatur sind allerdings gar nicht geeignet, schnelle Genesung zu erwarten ... Ich selbst bin seit vier Wochen leidend und so ge68) Natürlich hatte er in der Folgezeit noch manchen Kampf mit örtlichen Machthabern zu bestehen, die ihn nicht als ihren Oberherrn anerkennen wollten. Deshalb kam er nicht zur Verwirklichung seiner Pläne, die europäische Zivilisation im Lande einzuführen. Auch mit europäischen Konsuln und Missionaren, die ihn durch Anmaßung und Taktlosigkeiten schwer gereizt hatten, geriet er in Streitigkeiten, in deren Verlauf seine Willkür und seine Grausamkeit immer mehr wuchsen. Schließlich warf er 1864 alle Europäer ins Gefängnis, darunter übrigens auch Wilhelm Schimper, der seine Erlebnisse in der Gefangenschaft in dem Anm. 53 angeführten Aufsatz schildert, wo er auch über Theodoros ausführlich berichtet. Da auch Engländer zu den Gefangenen des Theodoros gehörten, landete England Ende 1867 Truppen unter General Napier bei Massaua. Sie drangen, von einheimischen Gegnern des Negus unterstützt, unter gewaltigen Anstrengungen bis zu der Bergfestung Magdala, südöstlich vom Tanasee, vor, wo Theodoros sie erwartete. Er wurde besiegt und nahm sich am 14. April 1868 das Leben. Sein Sohn wurde nach England gebracht, starb dort aber bald. Die inneren Wirren und Machtkämpfe flammten jetzt wieder auf, in deren Verlauf immer wieder einzelne tatkräftige Teilfürsten die Alleinherrschaft zu erringen wußten. Seit 1885 kamen Kriege mit Italien dazu, das Abessinien als natürliches Hinterland seiner Kolonien Erythräa und Somali ansieht. Seit 1916 ist der Ras Tafari Regent des Landes. Er nahm im Jahre 1930 den Kaisertitel und den Namen Haile Selassie an. Mitteilungen, Band 12 24