Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 367 gewesen, und die Verhandlungen mit ihm hätten die größte Bedeutung für die politischen und geschäftlichen Absichten gehabt, die den klugen und tatkräftigen Reisenden schon so weit in das Innere des Landes hinein­geführt hatten. Allein er sollte nicht dazu kommen, seine letzten Ziele zu verwirklichen. Ras Ali hatte sich, wie erinnerlich, vor Kasa nach der Provinz Godscham zurückgezogen, und Kasa war nach seinem Sieg über den vom Ras vorgeschobenen Buru Goschu jetzt gerade im Begriff, sich gegen den Ras selbst zu wenden. Alis Truppen zogen ihm entgegen und waren bereits bis zur Nordostküste des Tanasees vorgegangen. Reitz mußte nun befürchten, mitten in die kriegerischen Auseinandersetzungen hineinzugeraten, wenn er, um den Ras Ali aufzusuchen, weiter nach Süden vorstieß. Auch sonst war damit zu rechnen, daß die Sicherheit in den vom Kriege bedrohten Landstrichen viel zu wünschen übriglassen würde. Schon hatten die Gamanten von Bambulo, deren ungastliches Wesen Reitz auf der Hinreise kennengelernt hatte, den Kriegszustand benutzt, sich zu Räuberbanden zusammenzuseharen und die Straßen unsicher zu machen. Schon waren mehr als tausend Kaufleute, Krämer und Salzhändler, die den Markt in Gondar besuchen wollten, in Woggara an der Weiterreise ge­hindert worden. So blieb denn für Reitz, zumal da auch die Jahreszeit schon weit vorgeschritten war, nichts anderes übrig, als so bald wie mög­lich, ehe es noch zu einem Zusammentreffen der Gegner kam, aufzubrechen und über Gondar nach Khartum zurückzukehren. Am 18. März wurde nach fünfwöchigem Aufenthalt von Debr Eski Abschied genommen. Die Reisenden zogen zunächst ungefähr dieselbe Straße zurück, die sie gekommen waren. Am folgenden Tag besuchten sie in Saosawa den Fürsten Matsch Gongul, den Sohn Ubies. Er konnte sich aber nicht viel um seine Gäste kümmern, da er im Begriffe war, seine Mannschaft gegen Kasa ins Feld zu führen. Am 23. März erreichte Reitz nach mancherlei Mühsal die Magetschbrücke in der Landschaft Bambulo, kurz vor Gondar. Hier kam ihm sein Diener Jussuf und ein anderer der in der Stadt zurückgelassenen Diener entgegen. Sie bestätigten die Nachrich­ten, die man bisher über die Kriegslage erhalten hatte: Kasa, der indessen ein paar Tage in Gondar gewesen war, lag mit seinem Heere in Dembea am Nordufer des Tanasees, Ras Alis Truppen waren am Ostufer bei Gorada zusammengezogen; sie warteten nur noch auf Verstärkung, um über ihren Feind herzufallen. Es ging das Gerücht, Kasa werde von den Türken unterstützt und beabsichtige, sich mit Ismael-Pascha zu vereinigen, der gerade mit Truppen in der ägyptisch-abessinischen Grenzlandschaft Galla­bat stand. Auch von seinem alten Reisegenossen, dem wilden Omer-Bei, erhielt Reitz jetzt Nachricht: er war, die von Kasa beherrschten Land­striche vermeidend, auf einem Umweg nach Woggara gekommen und hatte von dort die Reise zum Ras Ali fortgesetzt, der damals noch in Debra Tabor in Begemeder weilte.

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