Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

366 Friedrich Roemheld Herrn Maler Zander67), der ebenfalls von Ubie bei dem neuen Bau beschäftigt war.“ (Heuglin). „Ubie wiederholte unter Vertröstung auf baldige Genesung fast täglich seine Bitte, weil er, wie es scheint, nicht wünscht, daß wir, ohne ihn gesehen zu haben, nach Gondar zurückkehren und dem für die Politik Abessiniens nicht unwichtigen Gerücht von sei­nem langen Unwohlsein Glauben verschaffen. Sein wirklicher Zustand wird äußerst geheimgehalten. Jeden Tag wird er als in der Rekonvaleszenz begriffen zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Er scheint aber, soviel ich von Ubies täglich den Honigwein uns bringenden alter Dienerin erfahren, ziemlich bedenklich zu sein, da die Folgen der alten und neuen Sünden, deren Behandlung einheimischen Quacksalbern anvertraut war, den Hals und den Gaumen dergestalt affiziert haben, daß der Kranke außer ein wenig Molken nichts genießen kann. Die seit vorgestern auch im Publi­kum sich verbreitenden Gerüchte bestätigen die Aussage der Dienerin, und manche Besorgnisse wegen der nächsten Zukunft werden laut. Übrigens habe ich heute die Versicherung erhalten, daß ich in diesen Tagen empfan­gen werde, was um so wahrscheinlicher ist, als man mich durchaus nicht abreisen lassen will, während zwei andere seit acht Tagen hier befind­liche Europäer, der alte, vor 46 Jahren hierher gekommene Engländer L. Coffine und der Franzose Lefébvre, dessen Werk über Abessinien auf Kosten der französischen Regierung vor mehreren Jahren erschienen ist, beide in Adua etabliert, mit der Bemerkung abgewiesen wurden, daß der Fürst nicht empfangen könne und daß sie deshalb zurückreisen und in Adua warten möchten, bis der Fürst sie empfange“ (Reitz). Konstantins Hoffnungen sollten sich nicht erfüllen. Als er nach einigen Tagen immer noch nicht vom Fürsten vorgelassen wurde, setzte er ihm schriftlich den Grund seiner Anwesenheit auseinander und schlug ihm vor, einen Freundschafts- und Handelsvertrag abzuschließen. Das gelang auch durch die Vermittlung Schimpers, so daß die Reisenden am 17. März ihre Geschäfte in Debr Eski als erledigt ansehen und an den Aufbruch denken konnten. Rückreise und Ende. Konstantin Reitz hatte damit gerechnet, nach dem Besuch bei Kasa und dem Abschluß des Vertrags mit Ubie auf der Rückreise nun auch noch den Ras Ali aufsuchen und mit ihm verhandeln zu können. Dieser Besuch bei dem Manne, der den Königstitel führte und auch wirklich immer noch als der eigentliche und rechtmäßige Inhaber der Macht in Abessinien galt, wäre zweifellos in jeder Beziehung der Höhepunkt der ganzen Reise 67) Christoph Eduard Zander, geh. in Radegast in Anhalt am 22. Oktober 1813, ging 1847 nach Abessinien, wurde Baumeister des Fürsten Ubie und von ihm zum Befehlshaber seiner Artillerie ernannt. Er fiel 1863 dem siegreichen Kasa in die Hände und wurde 1868 durch die Engländer befreit. Er starb zu Mulkutto bei Sulla am 26. September 1868; vgl. Weidmann, a. a. 0., S. 188.

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