Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
364 Friedrich Roemheld umfaßt, zu gründen. Zu dem Ende hat er die Erbauung eines Glockenturmes zwischen der inneren und äußeren Mauer der Kirche angeordnet und unsern ebenso intelligenten und tätigen, als angesehenen Landsmann Dr. Schimper als einzigen Fähigen mit der Ausführung jenes Baues... betraut. Dr. Schimper ... entwarf den Grundriß. ... Wegen Mangels eines guten Kalkes, der zur Aufführung des massiven Mauerwerks nötig war, stieß er jedoch auf unzählige Schwierigkeiten, bis es seiner Ausdauer gelang, nach vielfältigen Versuchen einen Kalk zu bereiten, dessen Härte, nachdem er getrocknet ist, derjenigen der festesten Steine gleichkommt, wie ich mich selbst überzeugte. Das Gebäude ist ein längliches Rechteck, 40 Fuß lang und 24 Fuß tief, und umfaßt vier Ateilungen: a. Eingang in der Mitte des Gebäudes auf der Ostseite mit gewölbter Tür. b. und c. Rechts und links ein Zimmer mit zwei Bogenfenstern und einer gewölbten Tür. d. In der Mitte, dem Eingangstor gegenüber, den Glockenturm. Gegenwärtig ist die massive, für ewige Zeiten berechnete Mauerarbeit des Eingangstors, der beiden Seitenzimmer und der erste Stock des Turmes vollendet. Die Anfertigung der Bogen machte dem geduldigen Baumeister unendliche Mühe, da er meist eigenhändig die unzugehauenen Steine aussuchen und einsetzen mußte. Der Mangel an dem zur Dachbedeckung erforderlichen und noch zu bearbeitenden Zimmerholz stört die gänzliche Vollendung, die vor Ablauf eines Jahres nicht zu erwarten ist, besonders da die Arbeiter nicht so handfertig und fleißig sind, als Dr. Schimper dies wünschen dürfte, und durch ihre Unkenntnis bei der Arbeit oft eine Verwirrung hervorrufen, welche unwillkürlich an die Geschichte vom babylonischen Turmbau erinnert. Nach Vollendung dieses Gebäudes sollen sogleich die beiden von Dr. Schimper dem Fürsten geschenkten Glocken aufgehängt und die Feierlichkeit der Weihung durch den Bischof Abuna Salama vorgenommen werden. Denn ohne bischöfliche Weihe kann kein politisches Heiligtum gegründet werden, dann aber ist es unverletzlich und dient den politisch Kompromittierten und Verbrechern aller Art zur Zufluchtsstätte. In Ubies Reich befinden sich vier solcher Asyle, nämlich in Waldubba, Adua, Axum und Debra Damo. Am Tage unserer Ankunft in Debr Eski hatte sich der schon seit mehreren Tagen leidende Fürst Ubie wegen verstärkten Unwohlseins zurückgezogen und ließ niemanden vor. Alle Geschäfte ruhten, besonders da auch sein Minister Testa und alle höher gestellten Personen seiner nächsten Umgebung an einer in Debr Eski herrschenden Grippe darniederlagen.“ (Reitz). „Ubie hatte uns noch nicht einmal einen seiner Offiziere geschickt, uns zu begrüßen. Dessen Funktion versah ein schmutziger Kammerdiener, der uns von Zeit zu Zeit im Namen seines Herrn ein Schaf überbrachte.“ (Heuglin). Im übrigen ließ der Fürst, wie Reitz weiter schreibt, „uns von einem Tag auf den andern vertrösten und seinen Wunsch ausdrücken, uns gleich nach seiner Genesung zu empfangen. Nachdem wir