Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 361 dar zu erwarten und sie dann nach Debr Eski zu geleiten, aber der Soldat war einen Tag vor dem Eintreffen seiner Schutzbefohlenen davongelaufen! Eine Karawane ohne militärisches Geleit aber konnte bei den ungastlichen Bewohnern des Landes auf keinerlei Entgegenkommen rechnen, und so mußte denn Reitz mit seinen Leuten wie die beiden ersten Nächte auch die beiden nächsten im Freien verbringen, weil er seinen Bitten um Auf­nahme in den Dörfern durch den bloßen Hinweis auf den Willen des Für­sten und seine Freundschaft mit ihm keinen Nachdruck verleihen konnte. „Bis Tschembelga“, so fährt Reitz in seinem Berichte fort, „waren wir der großen Straße gefolgt, welche von Gondar über Dobarek, Woggaras Hauptort und Marktplatz, über Adua etc. nach Massaua85) führt. Wir verließen dieselbe, indem wir am 4. lfd. Mts. (Februar) uns mehr nord­östlich nach der Gegend wandten, welche den Namen Schimbera Seggan trägt und von welcher man das hohe, kahle Bergplateau von Semien im Osten und Norden sehr gut unterscheidet. Nach dreistündigem Marsche gelangten wir in einem engen Tal an den Chor««) Togur Uha (Togur Wocha, Heuglin), nach einer weiteren Reise von drei Stunden, auf welcher wir den Chor Tscherauans durchschritten, kamen wir nach Doga, einst bedeutend, ehe es im Jahre 1846/47 durch Ras Ali zerstört worden war, und eine Stunde später, drei Stunden südlich von dem ... Berge Woaka, nach Debra Sina, wo wir übernachteten, um neugestärkt am folgenden Morgen den beschwerlichen Weg anzutreten, den ich mit keinem der von mir in den Apenninen, in der Schweiz und in vielen andern Teilen Europas zu vergleichen imstande bin.“ Er führte die Reisenden am 5. Februar nach einstündigem Marsch an den östlichen Rand der Hochebene von Woggara, die fast senkrecht in ein etwa 3500 Fuß tiefes, vom Assara oder Assowa in der Hauptrichtung von Norden nach Süden durchflossenes Tal abfiel. Ein halsbrecherischer Pfad, auf dem die Tiere großenteils ihrer Bürde entledigt werden mußten, führte über gewaltige Felsblöcke hinweg in die Tiefe. Jenseits des Gießbaches ging es wieder ebenso steil bis auf einen Felskamm von etwa 2000 Fuß Höhe hinauf, der dann auf der östlichen Seite in ein vom Delago ebenfalls in nord-südlicher Richtung durchströmtes Tal abfiel. Ein ähnlicher Kamm von wenigstens 2500 Fuß trennte dieses Tal ebenfalls in östlicher Richtung von einem andern mit dem Angava, auf dessen jenseitigem Ufer sich ein von Norden nach Süden ziehender Bergrücken im Winkel von etwa 80 Grad bis zu einer Höhe von etwas mehr als 2000 Fuß erhob. Er hatte nach Osten zu einen sanfteren Abfall nach dem etwas breiteren Tale des 65 65) Es war eine der Straßen, auf denen Abessinien seine Erzeugnisse nach dem Osten ausführte. Adua, in der Landschaft Tigre gelegen, ist ein Haupt­stapelplatz für den Handel zwischen dem Innern und der Küste; Massaua, Hafenstadt am Roten Meer, vermittelt den Handel zwischen dem Sudan und Abessinien einerseits und Europa und Indien anderseits. SB) Chor: tief eingeschnittenes Flußtal; Gießbach.

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