Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 351 „gings weiter an den Ruinen einer von Steinen erbauten portugiesischen Kirche57) vorbei, und nach fast fünfstündigem Marsch ... erreichten wir den Fuß des kleinen Hügels, auf dem G e n d a ... liegt. Hier war eine Menge Kasascher Truppen mit Musik aufgestellt, die uns unter bestän­digem Abbrennen ihrer Luntenflinten bis zu Kasas Gehöfte führten. Der Fürst empfing uns in einem großen Togul58) ohne Fenster, der rings mit Vorhängen und Tüchern behängt und mit einer großen kupfernen Lampe erleuchtet war. Er ist ein junger, hübscher Mann von 32 Jahren, mit etwas scharfen, fast jüdischen Zügen und saß bei unserer Ankunft auf erhabenem Ruhebett, über das ein Vorhang gezogen war. Seine Füße ruhten auf einem mit rotem Tuch beschlagenen Schemel ... Zu jeder Seite des etwas in die Rückwand des Toguls einspringenden Ruhebettes stand ein Beamter des Fürsten und etwas entfernter sein Waffenträger mit Lanzen und gol­denem Schild. Seine Kleidung war nicht verschieden von der eines jeden wohlhabenden Abessiniers, nur trug er längere, weitere Beinkleider ... Schuhe scheint er nicht zu besitzen 59). Er stand augenblicklich auf, drückte uns die Hand und bat, uns auf den Angarebs 60) niederzulassen, verließ uns aber nach den üblichen Begrüßungen und Glückwünschen zur Ankunft, uns bittend, den Togul als den unsrigen zu betrachten und nach Belieben zu verfahren. Zum Abendessen erschien er wieder. Dieses bestand, da heute Feiertag war, bloß aus auf Kohle gebratenen, fürchterlich gepfefferten Fischen und Tefbrot61). Von Getränken wurde Wein, der aber sauer ge­worden war, und Branntwein in großer Menge gereicht.“ Am folgenden Tage, dem 13. Januar, überreichte Reitz dem Fürsten die Geschenke, die er 57) Im 16. Jahrhundert waren von der Ostküste her portugiesische Priester ins Land gekommen, die dem damals im Vordringen begriffenen Mohammedanis­mus starken Abbruch taten. Sie gründeten Klöster und erbauten Kirchen. Im Jahre 1634 wurden sie durch die Wiederherstellung der koptischen Kirche ver­trieben. • 58) Rundes Strohhaus mit' spitzem oder halbkugelförmigem Dach. 59) Der Missionar M. Fiad, der Kasa etwa zwei Jahre später sehr oft ge­sehen und gesprochen hat, berichtet a. a. O., S. 12, über ihn: „Er saß gewöhnlich in höchst einfacher Kleidung auf einem Teppich am Boden, hatte nie eine Kopf­bedeckung und nie Schuhe an den Füßen. Er war ein Mann mittlerer Größe von kräftigem Körperbau und ziemlich schwarzer Hautfarbe. In dem Ausdruck seines Gesichtes lag etwas Halbwildes, Unaufrichtiges und Verschmitztes. Seine Augen waren feurig, die Nase stark gebogen. Sein Haar hing in drei Zöpfen herab. Wenn er böse war, wurde sein Gesicht noch schwärzer, als es gewöhnlich war. Es wurde mir immer in seiner Nähe unheimlich zumute.“ Flads Schrift ist ein Bild Kasas (Theodors) in Halbfigur beigegeben. so) „Holzrahmen auf vier Füßen von der Größe eines Bettes, über welchen schmale Lederstreifen festgespannt sind, so daß dadurch eine elastische und luftige Unterlage entsteht, auf welcher man meist bequem und angenehm schläft“ (von Müller, Fl. Bl., S. 77). 51) Tef: Eragrostis abessinica, „ein Gras mit sehr zahlreichen, kaum hirse­korngroßen Körnern, ist in Abessinien heimisch und wird in verschiedenen Spiel­arten kultiviert. Die Samen liefern ein Mehl, welches zu einem etwas säuerlichen, aber angenehm schmeckenden, leichtverdaulichen Brot verbacken wird.“

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