Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 349 Am 28. Dezember wollten die Reisenden einen Ausflug nach dem Atbara machen, jenem gewaltigen Nebenfluß des Nils, von dem man nicht weit entfernt war. Allein der Plan wurde vereitelt durch die Ankunft einiger Leute Kasas, die Briefe vom Scheich Ibrahim el Welkil mitbrachten und sicheres Geleit zu Kasa zusagten, so daß man beschloß, die Reise nach Gallabat fortzusetzen. Ras Alis Leute hatten natürlich keine Lust, allzu nahe in den Machtbereich des gefürchteten Gegners ihres Herrn zu kom­men. Sie trennten sich daher jetzt von den Europäern, und Omer-Bei schloß sich ihnen an. Auch Kaspar Krüger, Heuglins Jäger, trennte sich von den Reisenden, dagegen bat Gabriel, ein armenischer Geistlicher, der zu der ägyptischen Gesandtschaft an Ras Ali gehörte, als Dolmetscher mit Reitz ziehen zu dürfen, da er keine Lust hatte, länger mit dem grimmigen Omer- Bei zusammenzusein. So brachen denn die Europäer am Nachmittag des 30. Dezember in süd­licher Richtung auf, nachdem sie einen Teil des Gepäcks in Doka zurück­gelassen hatten. Das nächste Reiseziel war M e t a m m a, die Hauptstadt der Landschaft Gallabat. Sie wurde am 2. Januar 1853 erreicht, nachdem man am Tag zuvor, dem Neujahrstag, durch eine landschaftlich ganz be­sonders reizvolle Gegend gekommen war. Darüber schreibt Reitz: „Von der Hellet (Dorf) Daud, die ungefähr 1000 Einwohner zählen mag, ... war ich zwei Stunden vor Sonnenaufgang aufgebrochen und erreichte in dem Momente, wo die Sonne in den Horizont stieg, das ... schön bewaldete und in scharfem Vorsprung abfallende Gebirge Ras el Fil (Elefantenkopf). Der Hügel, über den ich gerade herübergeritten war, bot eine besonders am Neujahrsmorgen in wildfremdem Lande äußerst erhebende Aussicht: zur Rechten der schön geformte Ras el Fil, vor mir die Hellet Adumé, im Hintergrund die Hügel von Metamma, unter denen ein leichter Nebel über den niederen Hügeln und Tälern schwamm, zur Linken die stattlichen Berge von Gedau. Diese Gegend erscheint mir als die natürliche Grenze zwischen Abessinien und dem Sudan. Sie hat ein ganz anderes Profil und eine verschiedene Vegetation, die besonders am Rande der Gießbäche und des Atbara in üppiger Fülle strotzt. Die Provinz Gallabat ... ist sehr reich an Holz, Wasser, Rindvieh, Getreide und Baumwolle. Letztere wird in bedeutender Menge ... in Abessinien eingeführt, welches dagegen Sklaven, Pferde, Maultiere, Esel, Wachs, Kaffee und wenige Elefanten­zähne ... liefert.“ Am 3. Januar 1853 ging die Reise gegen Mittag weiter. Man schlug jetzt eine mehr südöstliche Richtung ein und erreichte schon nach ein paar Stunden den Atbara, der in einem tief zwischen schwarzen vulkanischen Felsmassen eingerissenen Bett dahinströmte, mit fast undurchdringlichen Wäldern umgeben, in denen Löwen, Büffel, Nashörner, große Antilopen und zur Regenzeit auch Elefanten hausten. Der Weg führte dann südlich vom Atbara flußaufwärts in vielen durch Berge und die dem Strom zu­eilenden, tiefeingeschnittenen Gießbäche bedingten Windungen, oft an

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