Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

346 Friedrich Roemheld im folgenden vorzugsweise benutzt wurde, „mit Ausnahme der Granit­berge Orang (zirka 2000 Fuß hoch), Alesch und zirka 30 anderen, weniger bedeutenden Felsen, die sich scharf aus der unabsehbaren Ebene erheben, reines Steppenland, mit niederem Mimosengebüsche und einem rohrartigen Grase, das während der Regenzeit oft über mannshoch emporwächst.“ Nicht ganz leicht schien es für die Reisenden, mit ihrem vornehmen tür­kischen Fahrtgenossen auszukommen. „Das herrische, mitunter alle politi­sche Konvenienz verletzende Benehmen Omer-Beis einerseits, sowie die Emp­findlichkeit und der Stolz der Ras-Alischen Gesandten andrerseits hatte mehrmals Szenen hervorgerufen, welche nicht geeignet waren, Omer-Bei die Sympathie jener fanatischen Christen zu gewinnen.“ Bei seiner Wohl­beleibtheit fiel dem hohen Herrn das Reiten auf dem Kamel schwer, und so war er immer übler Laune, schnauzte die Führer an, prügelte die Araber, und keine Stunde verging, ohne daß sein Kamel gewechselt oder '.imgesattelt werden mußte. Bezeichnend für seine launenhafte Leiden­schaft war ein Vorfall, den Heuglin erzählt. Als der Gewaltige sich eines Tages wieder einmal, wohl aus Ärger über den schlechten Weg, mitten auf dem Marsch fluchend und lärmend vom Kamel heben ließ, um eine Pfeife zu rauchen, kam des Wegs eine junger, kräftiger Araber, ein Schlacht­schwert auf der linken Schulter, hoch zu Esel dahergeritten. Der Un­glückliche hatte keine Ahnung, daß der keuchend am Wege schmachtende Türke ein hoher Würdenträger und noch dazu ein vizeköniglicher Gesandter war, und wollte ruhig vorüberziehen. Als dieser gewahrte, daß der junge Fremdling nicht daran dachte, ihm irgendwelche Ehrenbezeigungen zu er­weisen, geriet er derart in Wut, daß er, seine alten, müden Glieder ver­gessend, in höchsteigener Person mit der Flinte in der Hand auf den Araber zustürzte, ihn vom Esel warf und ihm nach kräftiger Behandlung seines Rückens mit dem Gewehrkolben anherrschte, neben seinem Esel stehenzubleiben, bis er selbst abreite und ihm die Erlaubnis zur Weiter­reise gebe. Der arme Teufel war ganz verblüfft und leistete ohne Wider­rede dem Befehl des Beis Folge“ 55). Ohne sonderliche Zwischenfälle erreichte die Karawane am 20. De­zember ihr erstes Reiseziel, K a n a r a, ein Dorf von bedeutendem Um­fang mit guten Brunnen, an denen sich mehrere Karawanenstraßen kreuz­ten. Einige Leute bekamen hier Fieberanfälle, und Konstantins Koch er­hielt durch einen unglücklichen Zufall einen Schrotschuß aus seiner eigenen Waffe in den Unterleib und starb am folgenden Tage. In Kanara stieß Konstantins abessinischer Diener Jussuf zu der Karawane, den Reitz schon im Mai nach Abessinien geschickt hatte, um Auskünfte über die politische Lage des Landes einzuziehen. Dort hatte er „mit Aufopferung und Gefahr den unter dem Namen Bartorelli reisenden, früher heftig von den fanati­schen Kopten verfolgten Bischof Massaja in die fernen Gallaländer ge­55) Aus dem in Anm. 47 angeführten Bericht an Huber.

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