Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 341 immer größeren und verwegeneren Beutezügen vereinigt. Er überfiel Ge­höfte und Dörfer, plünderte Karawanen und machte sich bald einen ge­fürchteten Namen, der ihm aber auch immer neuen Zuzug verschaffte, bis er schließlich ein stattliches Heer zusammenhatte. Mit diesem eroberte er die Provinz Koara, die seinem Vater gehört hatte, und widmete sich alsbald mit großem Eifer dem Wohlstand des Landes. Koara war der ebenso klugen wie grausamen Gallafürstin Woisero (Prin­zessin) Menin, der Mutter des Ras Ali, zinspflichtig, die über die Provinz Dembea herrschte. Sie zog alsbald gegen den Eindringling zu Felde, mußte sich aber vor seiner Übermacht zurückziehen und ihm Koara als Lehens­besitz überlassen. Nun steckte sich der kühne Emporkömmling seine Ziele immer weiter. Unerwartet drang er in die nördlich von Koara gelegene Republik Gallabat ein, überfiel ihre Hauptstadt Metamma an einem Markt­tage und machte reiche Beute, von der er seiner Lehensherrin einen be­trächtlichen Teil schickte. Unter dem Eindruck dieses großen Erfolges bot ihm die kluge Fürstin ihre Enkelin, eine Tochter des Ras Ali, als Frau an. Kasa, den Vorteil wohl erkennend, der ihm aus einer Verbindung mit dem länderreichsten Fürsten Abessiniens erwachsen mußte, ging sofort auf den Vorschlag ein und stand nun da als ein Mann, mit dem jeder rechnen mußte, der irgendwelche politischen Ziele in Abessinien verfolgte. Auch über die nahe ägyptische Grenze hinaus war sein Ruf gedrungen, wo sich Halid-Pascha, der türkische Gouverneur der ägyptischen Provinz Sennar, bald durch die Macht seines kühnen Nachbars in seiner Sicherheit bedroht fühlte. Unbemerkt eilte er dem durch seine Erfolge unvorsichtig gemach­ten Kasa, als er Metamma verließ, nach und schloß ihn am Flusse Rahad mit zwei Kompanien schwarzer Infanterie ein, so daß er zu einer Schlacht gezwungen wurde, in der er vollständig besiegt wurde. Die Darstellung dieses Ereignisses ist, wie dieser ganze zusammen­fassende Überblick über die Geschichte Abessiniens im zweiten Viertel des vorigen Jahrhunderts, in engem Anschluß an das große Werk von G. K. Rein gegeben. Zufällig spricht auch Konstantin Reitz davon in einem seiner Berichte über die Zustände des Landes31), in denen er auch ge­legentlich die politischen Ereignisse der letzten Jahre vor seiner Reise berührt. Er schildert aber die Dinge etwas anders. Nach seiner Darstellung soll Kasa durch seine verhältnismäßig leicht und schnell errungenen Er­folge so übermütig geworden sein, daß er sogar den Türken den Sudan habe abnehmen wollen. Im Jahre 1849 drang er, nach Reitz, „mit einer bedeutenden Anzahl von Reitern und Fußvolk, die mit den sie begleitenden Weibern nach Aussage sehr vieler Augenzeugen, die ich persönlich kenne, auf wenigstens 30.000 geschätzt wurde, bis an den Berg Bela (auf der Berghausenschen Karte unter 13° 42' n. Br. und zwischen dem 32. Grad und 33. Grad ö. L.) und von da auf den Fluß Rahad vor, indem er si) Aus Doka, vom 24. Dezember 1852.

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