Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

338 Friedrich Roemheld seien, die Überwachung und Sicherheit der Karawanenstraßen und die Unterstützung und den Schutz der durch ihre Gebiete reisenden Europäer dringend ans Herz gelegt. Die große Reise nach Abessinien. Konstantin Reitz war nicht der Mann, der sich mit einem Erfolg, den er errungen, zufrieden gegeben hätte. Sobald er ein Ziel erreicht hatte, sah er sich nach neuen Aufgaben um, von denen jede wieder im Dienste des einen großen Gedankens stand, den europäischen Einfluß in Mittel­afrika zu fördern und in Sonderheit dem österreichischen Kaufmann neue Wege zu erschließen. Obwohl in dieser Hinsicht schon viel geschehen war, wurden doch immer noch, namentlich aus den östlichen Provinzen des Sudans, Waren in großer Menge nach dem Roten Meere hin ausgeführt und damit dem an die Nilstraße gebundenen österreichischen Handel ent­zogen. So leitete z. B. der nur 6 Tagereisen von Khartum zwischen dem Blauen und dem Weißen Nil wohnende bedeutende Stamm der Fundj alles in seinem Gebiet gewonnene Elfenbein nach dem Osten. Nach mehrmonatigen schwierigen Verhandlungen gelang es Reitz, den Häuptling Idrus Atlan zu dem Versprechen zu bewegen, die in seinem weit ausgedehnten Gebiet erbeuteten Elefantenzähne künftighin dem Kaufmann Franz Binder, dem Geschäftsführer der österreichischen Handelsgesellschaft für den Sudan, zu überlassen47). Aber auch über die Grenzen des Nilstromgebietes hinaus hatte Reitz schon seit geraumer Zeit seine Blicke schweifen lassen, und immer mehr sah er seine Aufmerksamkeit auf das Gebiet östlich des Sudans gelenkt, das dem europäischen Handel damals noch fast völlig unzugänglich war und das ihm daher ein reiches Feld der Betätigung zu bieten schien, auf Abessinien. Dieses riesige, an Schätzen aller Art unendlich reiche Land war, soweit es überhaupt in Verbindung mit der Außenwelt stand, ganz nach dem Osten hin gewandt. Reitz stellte sich die Aufgabe, seinen Macht­habern die Vorteile klarzumachen, die ihnen aus einer Verbindung mit dem Westen, dem Sudan, erwachsen mußten, und sie dahin zu bringen, den Anschluß an den Handel auf der Nilstraße zu suchen. Schon früher hatte ein lebhafter Handelsverkehr zwischen Abessinien und dem Sudan bestanden, aber er war in der unruhigen Zeit der Kämpfe Mehemed Alis gegen die Mamelucken allmählich eingeschlafen. Wenn er jetzt zu neuem Leben erweckt werden sollte, war es für Österreich höchste Zeit, seine Ansprüche geltend zu machen, wofern es sich nicht der Gefahr aussetzen wollte, daß andere Mächte ihm zuvorkamen. Namentlich England hatte bereits seine Fühler ausgestreckt und Handelsbeziehungen mit Abessinien angebahnt. Von Zeit zu Zeit hatte die englische Regierung allerlei Ge­schenke an die abessinischen Fürsten geschickt und dadurch deren Geneigt­47) Bericht an Huber vom 30. November 1852.

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