Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
Konstantin Reitz 335 Strichs, den sie durchzogen, war nicht Sandwüste, sondern Steppe, flaches, von zahlreichen Regenbetten durchzogenes Land. Es prangte in üppigem Pflanzenwuchs. Oft fanden sich waldartige Landschaften, die in schönstem Grün und duftendem Blütenschmuck standen. Die wenigen menschlichen Bewohner dieser Steppen und Täler hatten wohl feste Wohnsitze, pflegten aber ihre Herden je nach dem Futter- und Wasserstand von einem Bachtal zum andern zu führen. Mitte Oktober näherten sich Reitz und Heuglin der Hauptstadt des Sudans. Ehe sie die Stadt betraten, besuchten sie den Pater Ignaz Knoblecher auf seiner „Stella matutina“ an der Landspitze über dem Vereinigungspunkt des Weißen und des Blauen Flusses. Auf die Kunde von Konstantins Ankunft kamen viele Europäer Khartums heraus, um ihn zu begrüßen. Kurz darauf traf auch Ismael-Pascha, der Generalgouverneur, ein, begleitet vom Provinzialgouverneur, einigen Beis und einer Musikkapelle. Nach der Begrüßung bestiegen alle ihre Pferde, und dann hielt Reitz mit dem Pascha seinen Einzug in der Stadt. Am Abend lud ihn der Pascha zum Essen ein. An den folgenden Tagen mußte sich Reitz, der Landessitte entsprechend, dem Empfang seiner Schutzbefohlenen, aller höheren Beamten sowie vieler Kaufleute und Häuptlinge der Araberstämme widmen, die ihn begrüßen wollten. „Die ungeteilte Freude“, so schreibt er darüber, „sowohl der höheren türkischen Beamten als der übrigen Einwohnerschaft, die in Strömen erschienen, um mir Glück zur Rückkehr zu wünschen, war für mich eine freudige Erscheinung, denn ich ersah daraus, daß man mit Teilnahme meiner gefährlichen Fahrt durch die Katarakte gefolgt war und mich als den Protektor allgemeiner Interessen mit um so mehr Sehnsucht zurückerwartet hatte, als die verschiedenen Beamten und Körperschaften wie der Handelsstand und die Arabertribus (Stämme) sich von meiner Gegenwart in Khartum einen Einfluß meiner humanen Bestrebungen bei dem neuen Pascha zu ihrem Vorteil versprachen. Dies wurde mir von vielen hochgestellten Personen ganz offen gesagt.“ Am 18. Oktober statteten Reitz und Heuglin dem Pascha ihren ersten förmlichen Besuch ab. Der Statthalter empfing die beiden Männer wie früher aufs freundlichste und wiederholte dem Konsul gegenüber seine Bitte, ihn häufiger zu besuchen, weil er mit den Verhältnissen des Landes schon genauer bekannt sei und der Pascha Wert auf seinen Rat und seine Ansichten lege. Einige Tage später machte ihm der Pascha mit seinem ganzen Gefolge einen Gegenbesuch im Konsulatsgebäude. Das äußerst artige, sogar herzliche Benehmen des Paschas („was bei den gewöhnlich nur an äußeren Formen klebenden Türken äußerst selten ist“, schreibt Reitz) sicherten ihm schnell die aufrichtige Zuneigung Konstantins. Oft besprach er mit ihm ernste und wichtige Fragen über die Verwaltung des Landes, und dabei zeigte sich immer deutlicher, daß der Pascha wirklich, wie Reitz schon bei seinem ersten Zusammentreffen mit ihm bei Taibe festgestellt hatte, von den besten Absichten erfüllt und bestrebt war, das Wohl des