Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
336 Friedrich Roemheld Landes nach Kräften zu fördern. In höchst freimütiger Weise entwickelte er seine Pläne und Absichten und besprach sie mit Reitz, der seinerseits darauf bedacht war, dem Pascha die Verhältnisse des Sudans, wie er sie auf seinen Reisen kennengelernt hatte, zu schildern und ihm die Wege zu zeigen, die nach seiner Ansicht zur Besserung der herrschenden Zustände führen mußten. Vor allem versäumte er es nicht, dem Generalgouverneur den durch keinerlei Beschränkungen belästigten freien Handel als eine Lebensnotwendigkeit für den Sudan hinzustellen. Als besondere Genugtuung empfand es dann Reitz, daß der Pascha, als er die Statthalter der Provinzen nach Khartum berief, um mit ihnen über allerlei Maßnahmen zu beraten, Konstantins Vorschläge zum Gegenstand ausführlicher Besprechungen machte. Die Anwesenheit der hohen türkischen Würdenträger ließ Reitz sich nicht entgehen, um ihnen seinen günstigen Einfluß auf den Pascha und sein freundschaftliches Verhältnis zu ihm vor Augen zu führen. Am 4. November 1852 veranstaltete er ein glänzendes Fest, zu dem er viele türkische Statthalter, Offiziere, Beamte, einige Europäer und vor allem den Statthalter selbst einlud. Eine Stunde vor Sonnenuntergang empfing er mit Heuglin in Uniform und zu Pferde den Pascha vor dem großen, mit dem österreichischen Staatswappen gezierten Eingangstor des Konsulats. Der hohe Gast, in vollständiger, mit Goldstickereien überladener Prunkuniform, ritt unter militärischem Ehrengeleit und mit einer Regimentsmusik sowie mit seinem ganzen, prachtvoll berittenen Gefolge von Beis gemessenen Schrittes heran, während die vor dem Konsulat aufgestellte Schiffskanone der „Stella matutina“ zur Bewillkommnung der Gäste 21 Begrüßungsschüsse abfeuerte. Reitz führte die Gesellschaft in den Empfangssaal, wo wie üblich Kaffee, kühle Getränke und Tabakspfeifen gereicht wurden. Nachdem die Türken bei Sonnenuntergang teils im Saale, teils im Garten ihr Abendgebet verrichtet hatten, ging man, die Regimentsmusik voraus, durch den mit allerlei Feuei’werk erleuchteten Garten zum Speisesaal, über dessen Tür zwischen Palmenzweigen und türkischen Flaggen eine leuchtende arabische Inschrift angebracht war, die ungefähr folgendermaßen lautete: „Sei willkommen in unserm Diwan, neuer Statthalter des Sudans! Ismael-Pascha der Erste eroberte dieses Land; du, Ismael-Pascha der Zweite, mögest sein Vater, sein Beglücker sein!“ Der Pascha las die Worte mit sichtlicher Freude, und während er für die ihm dargebrachten Wünsche seinen Beifall auszusprechen suchte, ließ Reitz ihm durch einen europäischen Diener ein Paar prachtvolle, mit Silber eingelegte Scheibenpistolen in Behältern nach türkischem Geschmack überreichen. Der Saal war so gut wie möglich geschmückt und von Wandleuchtern und einem sechsarmigen Kronleuchter erhellt, den man sich von der koptischen Kirche ausgeliehen hatte. Dem Eingang gegenüber zierte eine große österreichische Marineflagge die Wand, an der linken Seitenwand