Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 323 deckte er im Gras am Ufer des Weißen Flusses den Anführer des Wach­postens mit seinen Leuten, die offenbar die Absicht hatten, nun auch die Matrosen des dritten Schiffes zu überfallen. Reitz sprengte im Galopp auf die Soldaten zu und stellte sie zur Rede. Ihr Führer erklärte, er sei beauftragt, die Matrosen des Schiffes in die Stadt zurückzubringen. Dar­auf wußte Reitz ihn derart einzuschüchtern, daß er sich nicht zu wider­setzen wagte, als er ihn aufforderte, mit zur Stadt zurückzukehren und dem Pascha mitzuteilen, er sei über diese Handlungsweise tief entrüstet und werde morgen mit ihm darüber reden. An demselben Tage hatte Reitz die Antwort auf seine Note an den Pascha erhalten, in der dieser allerlei Ausflüchte machte. „Der Pascha er­klärte“, schreibt Reitz, „nicht er, sondern die Kompanie (gemeint ist die zur Durchführung des Regierungsunternehmens gebildete Gesellschaft) widersetze sich der Abreise unserer Barken. Er machte noch die letzten Versuche, sich auf dem Pferde, das nicht einmal mehr ein Steckenpferd ist, zu behaupten. Ich aber war fest entschlossen, den verwegenen Ritter für Wahrheit und Recht ganz aus dem Sattel zu heben!“ Noch in der Nacht richtete Reitz ein Schreiben an den Pascha, in dem er erklärte, niemand habe das Recht, die Abreise der Barken zu verhindern, zumal da sie dem bedrängten Angelo Vinco Hilfe bringen sollten und der Pascha nicht die nötigen Befehle gegeben habe, die Hilfeleistung durch seine eigenen Leute durchführen zu lassen. Ferner legte Reitz feierlich Verwahrung ein gegen das Verhalten des Wachpostens und gegen den Versuch, die Barke, die die österreichische Flagge führte und auf der er selbst sich befand, an der Durchfahrt zu hindern. Er machte den Pascha für das Verhalten seiner Untertanen verantwortlich und ebenso für den Schaden, der seinen Schutz­befohlenen daraus entspringen könnte, falls die davongelaufenen Matrosen nicht am nächsten Tag, dem 22. November, alle wieder zur Stelle seien. Zwei Stunden nachdem Reitz den Brief an den Pascha abgesandt hatte, am frühen Morgen des 22. November, ging er selbst hin, um sich sofort die Antwort zu holen. „Nach einem kurzen Gespräch“, so berichtet Reitz, „worin er seinen Unwillen nicht verbergen konnte, weil ich den Führer des Wachpostens an der Ausführung seines Auftrages verhindert, erklärte er, dieser habe infolge seines Befehls gestern so gehandelt, worauf ich ihm ruhig erwiderte: Desto schlimmer! Denn alsdann fällt das ganze Gewicht meines heutigen Protestes auf Sie allein. Denken Sie nicht mehr an das, was ich Ihnen vor neun Tagen sagte? Dabei sah ich ihm fest in die Augen. Er wurde blaß und sagte: Wiederholen Sie es nicht, ich weiß es! — Da ich sicher wußte, daß der niederträchtige Nikola Ulivi eine Bittschrift an den Pascha gerichtet hatte, worin er sich nur unter der Bedingung als Chef der Expedition erklärt, daß keine anderen Schiffe auf den Weißen Fluß gingen, und da ich ferner wußte, daß der Pascha aus diesem Grunde die Matrosen unserer Barken auf die angegebene Weise an der Abreise verhinderte, so fragte ich den Pascha: Sagen Sie mir kurz und aufrichtig: Ziehen Sie es 21*

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