Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

322 Friedrich Roemheld begleitete mich bis zur Tür, und am andern Morgen überschickte ich ihm eine Note, in der ich, von der Monopolisierungsexpedition gar keine Notiz nehmend, nur um die notwendigen Befehle bat, daß den zwei zur Hilfesendung an Don Angelo bestimmten Barken keine Schwierigkeiten in den Weg gelegt würden.“ Drei Tage später reichten Rollet und Gobrane Azouz eine Bittschrift beim österreichischen Konsulat ein, in der sie um die Ermächtigung zur Reise auf dem Weißen Fluß nachsuchten. Reitz erteilte ihnen die Erlaub­nis, gab ihnen zugleich aber strenge Verhaltungsmaßregeln, die nament­lich den Zweck hatten, Reibereien mit der Regierungsexpedition und mit den Eingeborenen vorzubeugen. Zugleich bat er den Pascha, dem Führer des Regierungsunternehmens genau entsprechende Vorschriften zu geben. Ferner teilte Reitz dem Pascha mit, es sei ihm zu Ohren gekommen, daß seit ein paar Wochen an der Mündung des Weißen Flusses ein Posten auf­gestellt sei, der den Auftrag habe, ein Befahren des Flusses zu ver­hindern. Er hoffe, daß diese Maßnahme nicht gegen europäische Barken gerichtet sei, weil das mit den Verträgen unvereinbar wäre. Der Pascha antwortete, außer den Regierungsbarken dürften keine andern Schiffe abfahren. Die für Angelo Vinco bestimmten Gegenstände wolle er durch Nikola Ulivi, den Führer des Regierungsunternehmens, be­fördern lassen, der zugleich beauftragt sei, auf der Rückreise Angelo Vinco mit nach Khartum zu bringen. Reitz fühlte sich verpflichtet, auf alle Fälle für Angelo zu sorgen, und entschloß sich daher, zunächst wenig­stens einen kleinen Vorrat des Nötigsten Nikola Ulivi zur Beförderung mitzugeben. Dieser aber weigerte sich, die Gegenstände mitzunehmen, mit der Begründung, er könne nur Dinge befördern, die ihm vom General­gouverneur anvertraut seien. Da außerdem der Pascha auf die Bitte um Erteilung von Verhaltungsmaßregeln an seine Leute zunächst nicht ant­wortete, so beschloß Reitz, nunmehr auf eigene Faust zu handeln. Am 20. November 1851 ließ er zwei Barken abfahren und begleitete sie persön­lich bis über den Wachposten hinaus. Dieser wagte angesichts der öster­reichischen Flagge und der Diensttracht des Konsuls keine Einrede, und so liefen die beiden Schiffe mit frischem Wind in den Weißen Fluß ein und legten eine Stunde oberhalb von Khartum an. Dann ritt Reitz nach der Stadt zurück. Am folgenden Morgen aber fingen die Soldaten des Wach­postens den Führer der einen Barke ein, bedrohten ihn mit dem Tod und stellten den Matrosen Stockschläge in Aussicht, wenn sie es wagen sollten, ohne Erlaubnis des Generalgouverneurs abzureisen, worauf diese entflohen, und zwar umso leichteren Herzens, als ihnen der Sold schon für fünf Monate vorausbezahlt war. Als Reitz am nächsten Tag auch die dritte Barke in den Weißen Fluß begleitete, wollte die Wache Einspruch erheben; er fuhr aber, ohne darauf zu achten, weiter und rief den Soldaten im Vorüberfahren nur zu: „Sagt dem Pascha, der Konsul sei selbst an Bord!“ Als er nun nach Sonnenuntergang wieder nach Khartum zurückritt, ent­

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