Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
Konstantin Reitz 321 meine Pflicht, so aufrichtig zu reden. Denn ich bin nicht hierher gesandt in diese fernen Länder, um stillschweigend Ihrem traktatwidrigen Treiben zuzusehen und hier wie ein Verdammter ein Gnadengehalt zu verzehren. Nein, glauben Sie das ja nicht! Ich habe zwar keine physische Gewalt, ich kann mich nicht auf eine Armee schwarzer, stumpfsinniger Sklaven stützen wie Sie. Ich habe eine andere Gewalt. Man nennt sie moralische Kraft; auf diese stütze ich mich. Ich fürchte mich so wenig als Sie und bin bereit, mich mit Ihnen zu messen. Denn ich bin hier durch den Willen zweier großer Kaiser, durch den des Kaisers von Österreich, des mächtigsten in der zivilisierten Welt, und durch den des Großherrn selbst. Ich werde mich durch Ihre Schikanen und Intrigen, die ich alle genau durchblicke, nie abhalten lassen, die Interessen der Europäer im Sinne der Traktate mit Kraft und Gewissenhaftigkeit zu wahren! Der Pascha hatte ruhig zugehört, und ich bemerkte, daß diese nie gehörte Sprache eine Bewegung in ihm hervorgerufen. Da ich jedoch noch nicht unterscheiden konnte, ob diese Bewegung guter oder schlimmer Art war, so hielt ich inne, um ihn zum Reden zu veranlassen, wartete jedoch, nachlässig auf meinen Säbel gestützt, vergeblich. Dann fuhr ich in sanfterem Tone fort: Es ist wahrlich schade, daß ein Mann von Ihrem Verstand und von Ihrer Geschicklichkeit so hartnäckig ist. Gäben Sie mehr guter Vernunft Gehör, alles stünde besser im Sudan, und Sie selbst wären glücklicher. Doch genug hiervon! Ich habe noch eine Frage an Sie zu richten. Wozu soll es Ihnen nützen, daß Sie den Don Angelo, der mir so angelegentlich empfohlen ist, bedrohen? Wollen Sie Rache an ihm nehmen, weil er ohne Ihre Ermächtigung nach dem Weißen Fluß gegangen ist, so ist dies eines hochstehenden Mannes, wie Sie sind, unwürdig. Geben Sie diesen Rachegedanken auf, den die ganze Welt und Ihr eigenes Gewissen mißbilligen muß und (— ihm die Hand reichend —) versichern Sie mich, daß die für Don Angelo bestimmte Hilfesendung keine Unannehmlichkeiten von seiten Ihrer Expedition erfahren soll! Der Pascha (meine Hand in der seinigen haltend): Ich werde alles, was Sie mir für ihn einhändigen, an denselben befördern und ihn selbst mit seinen Waren durch meine Barken hierher zurückführen. Ich: Ich habe die offizielle Nachricht, daß Pater Knoblecher einen Erlaß vom Großherrn erhalten hat, der ihn ermächtigt, sich mit andern Priestern auf dem Weißen Fluß niederzulassen, ohne daß die ägyptische Regierung ihm die geringste Schwierigkeit in den Weg legen kann. Die werde ich dem Don Angelo mitteilen, und vielleicht zieht er vor, die Ankunft des Paters Knoblecher bei den Bari abzuwarten. In diesem Falle ... Der Pascha fiel mir ins Wort: Nein, nein, Don Angelo muß zurück! Ich habe Befehl von Abbas-Pascha (dem Vizekönig), daß niemand oben bleiben soll! Ich bemerkte, daß der Pascha sich von neuem ereiferte, und sagte: Bleiben Sie ruhig! Morgen früh schreibe ich Ihnen eine Note deshalb. Er Mitteilungen, Band 12 21