Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

320 Friedrich Roemheld folgen soll. Er lautet: „Nur Rollet und Gobrane haben nicht unterschrie­ben1^, sagte der Pascha triumphierend und ironisch zu mir, „sonst aber alle Europäer (d. h. alle bis auf diese beiden hatten sich bereit erklärt, an der Expedition des Paschas teilzunehmen). Ich: Unter allen Europäern haben auch nur diese beiden recht gehandelt. Er: Wieso, recht? Sie dürfen nicht nach dem Weißen Fluß. Ich weiß, sie machen Vorbereitungen zu dieser Reise. Aber die Subskriptionsliste war nur 20 Tage offen. Nun ist sie geschlossen. Niemand kann mehr unter­zeichnen. Ich: Sie werden ohne diese Unterschrift gehen. Er (höhnisch): Ohne an meiner Expedition teilzunehmen? Ich werde ihnen zeigen, daß i c h hier Herr bin, und zwar unumschränkter! Ich habe carte blanche (Vollmacht), ich fürchte mich vor niemand! Ich (ruhig): Sie werden dem Vizekönig Rechenschaft geben wegen Ver­letzung der Traktate. Die Monopole sind aufgehoben, und der Handel ist frei. Er (aufbrausend, mit blassen, zitternden Lippen und starker Stimme): Niemand habe ich Rechenschaft zu geben! Ich lasse keinen Europäer auf den Weißen Fluß gehen, der gehört mir! Niemand geht dorthin, ich bin Herrscher im Sudan! Niemand geht auf den Weißen Fluß, und wenn man mir in Kairo oder Konstantinopel den Kopf abschlägt! Nachdem er dies mehrmals wiederholt, in den ungeziemendsten Aus­drücken alle europäischen und türkischen Oberbehörden verunglimpfend, nachdem er erschöpft, zerrissen von seinen schlechten Gemütsbewegungen fast nicht mehr reden konnte und ungehalten, daß seine Wut an meiner Ruhe zerschellt war, sich auf dem Diwan niederlassen wollte, trat ich ihm in den Weg und sagte in gemessenem Tone: Wozu diese Ausbrüche Ihrer Wut? Sie führen zu nichts, machen Ihnen nur noch schlechteres Blut! Hören Sie ruhig, was ich Ihnen jetzt unter vier Augen zu sagen habe, nicht um Sie zu kränken, nein, nur um eine von Ihnen längst vergessene Wahr­heit vor Ihr Gedächtnis zu führen: Sie verkennen Ihre Stellung als Gene­ralgouverneur, wenn Sie glauben, Sie könnten hier absolut herrschen, den Verträgen mit den europäischen Mächten Hohn sprechen, Unfug treiben, wie es Ihnen eine augenblickliche Aufwallung, ein Privathaß, Eigennutz oder sonst eine niedere Leidenschaft diktiert. Ich aber, als Freund der Wahrheit, mache Sie darauf aufmerksam, nicht auf Ihre momentane Macht zu pochen, sie nicht zu mißbrauchen. Freilich, Sie sind jetzt noch im Sudan der erste Mann. Aber bedenken Sie wohl, daß man Sie vielleicht binnen kurzem nach Kairo berufen wird. Dort werden Sie nicht der erste sein! Dort sind größere als Sie, und diese werden mit starkem Arm Sie an der Kehle fassen (vi prenderano al collo) und strenge Rechenschaft von Ihnen fordern. Wehe Ihnen dann, wenn alle, Türken, Araber, Europäer, über Sie herfallen, Sie verdammen! Wehe, wenn kein einziger Ihre Verteidigung wagt! Ich rede zu Ihnen, wie niemand im Sudan zu Ihnen redet. Es ist

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