Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika
Konstantin Reitz 319 gekommen, wo es galt, durch entschlossenes Handeln den Generalgouverneur zur Achtung der Verträge und des Rechtes der Europäer zu zwingen und zugleich dem mutigen Missionar entweder so wirksame Unterstützung zuteil werden zu lassen, daß er auf seinem Posten aushalten konnte, oder ihm die Möglichkeit freiwilliger und freier Rückkehr nach Khartum zu geben. So mußte Reitz dafür sorgen, daß eine zweite Handelsunternehmung nach dem Weißen Fluß ausgerüstet wurde, die nun aber allein unter seinem, des Konsuls, Schutz stand. Er mußte den Pascha vor eine vollendete Tatsache stellen und ihm zeigen, daß man imstande sei, den Weißen Fluß, wenn es nicht anders ging, auch gegen seinen Willen zu befahren und an seinen Ufern Handel zu treiben. Ein weiteres kam hinzu. Nikola Ulivi und die paar andern Europäer hatten, als sie sich dem Pascha zur Vei-fügung stellten, gegen den ausdrücklichen, einem Befehl gleichkommenden Rat des Konsuls gehandelt, der seinen Schützlingen wiederholt eingeschärft hatte, sich nicht an den „traktatwidrigen Monopolisierungsexpeditionen“ des Paschas zu beteiligen. „Man hatte ihnen“, schreibt Reitz, „einen großen Gewinn vorgespiegelt und vorgestellt: der Pascha hat in diesem Lande die Macht in der Hand, mit diesem müßt ihr euch halten. Euer Konsularagent hat weder Soldaten noch Schiffe. Er kann nichts für euch tun. Er muß sich auch dem Willen des Paschas unterordnen.“ Natürlich mußte Reitz von dem aufsässigen Verhalten seiner Schutzbefohlenen eine Erschütterung seines Ansehens beim Generalgouverneur wie auch bei den Europäern Khartums befürchten. „Ich aber war fest entschlossen“, so fährt er in seinem Bericht fort, „es wiederherzustellen. Ich mußte einen energischen Schritt wagen, um vor Gott und der Welt meine vollkommene Schuldigkeit getan zu haben.“ Zwei europäische Kaufleute, Gobrane Azouz und Rollet, von denen übrigens der letztere nach Brehms Andeutungen moralisch kaum auf höherer Stufe stand als Nikola Ulivi, — aber bessere waren ja nicht zu haben! — waren bereit, mit Konstantins Hilfe eine eigene kleine Handelsunternehmung auf dem Weißen Fluß in die Wege zu leiten und Angelo Vinco zu Hilfe zu eilen. Es galt also, die Verwirklichung dieses Vorhabens mit allen Kräften zu unterstützen. Reitz wollte zunächst versuchen, die Einwilligung des Paschas zu erzwingen, war aber wohl von vornherein entschlossen, das Unternehmen auch dann durchzuführen, wenn der Generalgouverneur Schwierigkeiten machen würde. Am 13. November 1851 stattete er ihm einen Besuch ab. Latif-Pascha, ein schöner Mann von einigen vierzig Jahren, mit sehr schlauem, regelmäßigem und einnehmendem Gesicht, dichtem, schwarzem, gut gehaltenem Bart und dunkeln, stark gewölbten Augenbrauen (Brehm III, 76), hatte außer dem Konsul noch einige Gäste bei sich. Als sich nach dem Abendessen die übrige Gesellschaft entfernt hatte und Reitz allein mit dem Pascha zurückgeblieben war, brachte dieser selbst die Rede auf sein Handelsunternehmen. Konstantins Bericht über seine Verhandlungen mit ihm ist so fesselnd geschrieben und zugleich für Reitz so bezeichnend, daß er im Wortlaut