Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

318 Friedrich Roemheld der bedrängten Glaubensboten ganz der Auffassung von seinem Amte, denn er fühlte sich nicht nur als Vertreter materieller Interessen, sondern sah es auch als eine seiner wichtigsten Aufgaben an, europäischer Gesit­tung, wo immer sich ihm die Gelegenheit bot, Geltung zu verschaffen. Daher mußten ihm die Missionare, die mit großem Eifer namentlich gegen den Sklavenhandel vorgingen, als seine natürlichen Bundesgenossen er­scheinen. Als Reitz am 6. November 1851 von Schendi zurückkehrte, sann er auf Mittel und Wege, dem bedrängten Angelo Vinco zu Hilfe zu kommen. Zu­gleich wollte er die Frage der Handelsfreiheit auf dem Weißen Fluß ihrer Lösung entgegenführen. Es war vorauszusehen, daß er dabei mit dem Gene­ralgouverneur Latif-Pascha scharf aneinandergeraten würde, weil dieser bis dahin mit zäher Beharrlichkeit an seinem Handelsmonopol festgehalten hatte und aus Besorgnis wegen einer Minderung seiner Gewinne keine Wettbewerber neben sich litt. Latif-Pascha war kein zu verachtender Geg­ner. Brehm sagt von ihm, daß er keinen Widerspruch duldete und mit Sicherheit alles durchführte, was er sich vorgenommen hatte. Er schildert ihn als strengen, herrsch- und rachsüchtigen Mann, vor dem alle seine Beamten zitterten, weiß allerdings auch seine Freigebigkeit und Großmut zu rühmen und die Leutseligkeit, mit der er Klagen seiner Untergebenen entgegenzunehmen pflegte. Der Zufall wollte es nun, daß der Pascha gerade in jenen Tagen ein neues Handelsunternehmen nach dem Weißen Fluß aus­rüstete. Er hatte unter den verkommenen Europäern in Khartum wieder Leute gefunden, die gewinnsüchtig und charakterlos genug waren, um für ihn zu arbeiten. Als Führer des Unternehmens hatte er den Sardinier Nikola Ulivi, der schon oben S. 310) erwähnt wurde, gewonnen, einen Men­schen, von dem Brehm berichtet, er habe „unzählige Betrügereien, Die­bereien und eine offenkundige Mordtat auf dem Gewissen“ und sogar ver­sucht, seiner eigenen Tochter Gewalt anzutun. Dieser dunkle Ehrenmann sollte als Lohn 12 Zentner Elefantenzähne im Werte von 14.400 Piastern erhalten. Der Pascha hatte sich „als Miete für jede der fünf zur Verfügung gestellten Barken“ 1300 Piaster für den Monat ausbedungen. Da die Dauer der Fahrt mit vier Monaten veranschlagt wurde, durfte er mit einem Gewinn von 26.000 Piastern rechnen. Als „Entschädigung für die zum Schutz der Barken bewilligten Soldaten“ sollte er außerdem s/24 der zu erbeutenden Waren erhalten, ®/24 waren für die Barkenführer und r/24 für die an der Fahrt teilnehmenden Europäer vorgesehen. Latif-Pascha war christenfeindlich eingestellt und auf Angelo Vinco ganz besonders erzürnt, weil es diesem anscheinend gelungen war, — wie, wissen wir nicht — ohne seine Erlaubnis den Weißen Fluß zu befahren. So lag der Verdacht nahe, die geplante Regierungsexpedition solle dem bedrängten Glaubensboten nicht nur keine Hilfe bringen, sondern ihn vielleicht sogar gewaltsam wieder nach Khartum zurückschaffen. Dahin aber durfte Reitz es auf keinen Fall kommen lassen. Die Stunde schien

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