Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ARETIN, Karl Otmar Freiherr von: Eugen Beauharnais' Königreich Italien beim Übergang zur österreichischen Herrschaft im April 1814. Aus den nachgelassenen Papieren des k. k. Feldzeugmeisters Ludwig Frh. von Welden
Eugen Beauharnais’ Königreich Italien beim Übergang zur österr. Herrschaft 261 am 12. April die Ablösung von Windischgrätz und die Ernennung Weldens zu seinem Nachfolger beschloß, ohne vom Feldmarschall darüber eine Aufklärung erlangt zu haben, welche Umstände ihn zu dem Vorschlag veranlaßt hatten, russische Truppen zu Hilfe zu rufen, obwohl nach seinen Berichten die Lage nicht so ernst sein konnte. Wie Paul Müller überzeugend entwickelte, ging dieser Entschluß auf den jungen Kaiser zurück, der über Windischgrätz bereits seit längerer Zeit verärgert war9). Die Plötzlichkeit dieses Entschlusses, eine Eigenschaft des Kaisers, die auch bei späteren Entscheidungen anzutreffen ist, kam für Weiden so unerwartet, daß er erst nach einigen Tagen nach Ungarn abgehen konnte. Weiden hatte nun alle Folgen des übereilten Entschlusses zu tragen. Als er am 17. April in seinem Hauptquartier in Gran anlangte, mußte er die fast ausweglose Lage erkennen. Sie hatte sich durch den Entsatz von Komorn entscheidend verschärft, zu dem die Ungarn ausgerechnet in den Tagen angesetzt hatten, als die Verwirrung bei den Österreichern über den Kommandowechsel am größten war. Weiden tat nun das einzig Verantwortbare: Er teilte dem Kabinett diese Lage schonungslos mit und knüpfte daran die für ihn gewiß besonders bittere Erkenntnis, daß es ohne russische Hilfe zu einer Katastrophe der österreichischen Armee kommen müsse. In den 6 Wochen, die Weiden das Kommando führte, hemmte ihn der Gedanke, „die letzten Soldaten Österreichs" zu kommandieren10 *). Er mußte daher jedes Risiko vermeiden und sich bis an die ungarische Westgrenze zurückziehen. Am 1. Juni trat er, körperlich und seelisch gebrochen, zurück. Sein von ihm vorgeschlagener Nachfolger, Feldzeugmeister Haynau, konnte aus der von Weiden gewählten Aufstellung zur entscheidenden Offensive übergehen. Mehr konnte man in 6 Wochen nicht erreichen. Von dem vernichtenden Urteil von Kerchnawe bleibt nur noch did ihm von Conte Corti als perfide Intrigue ausgelegte Tatsaöhe übrig, daß Weiden hinter dem Rücken von Windischgrätz einen Feldzugsplan entworfen und heftige Kritik an seinem Vorgesetzten geübt hatte. Kerchnawe übergeht es mit Stillschweigen, daß in der Sitzung vom 29. 3. 1849 nicht nur ein Feldzugsplan Weldens in Aussicht gestellt wurde, sondern daß dem Kabinett ein solcher aus der Feder des gefeiertsten Feldzeugmeisters Jel- lacic v o r 1 a g, der nur deshalb nicht in nähere Erwägung gezogen wurde, weil er mit Truppen operierte, die es gar nicht gab u). Weldens Plan wurde ja nicht zuletzt deshalb der Vorzug gegeben, weil er mit den Nachrichten übereinstimmte, die in Olmütz Vorlagen. Die Kritik an Windischgrätz ging auch nicht von Weiden aus. Seit Ende März sammelten sich beim General°) Vgl. P. Müller, Feldmarschall Fürst Windischgrätz, 1934, S. 230 ff. 10) Vgl. P. Müller, a. a. O., S. 180, und den dort zitierten Brief Weldens an Cordon vom 30. 4. 1849. 11) Ministerratsprotokoll v. 29. 3. 1849, Kerchnawe, a. a. O., S. 355. Über das abfällige Urteil von Jellacic an der Armeeführung von Windischgrätz, März 1849, vgl. P. Müller, a. a. O., S. 228.