Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
ARETIN, Karl Otmar Freiherr von: Eugen Beauharnais' Königreich Italien beim Übergang zur österreichischen Herrschaft im April 1814. Aus den nachgelassenen Papieren des k. k. Feldzeugmeisters Ludwig Frh. von Welden
Eugen Beauharnais’ Königreich Italien beim Übergang zur österr. Herrschaft 259 setzt13). Aber schon in seinem ersten Aufruf an die Wiener fand er den richtigen Ton. „Ihr werdet die Stimme der Vernunft und des Gemüts erkennen und mich nicht zwingen, im Donner der Geschütze die Ordnung zu verkünden.“ Schon nach unverhältnismäßig kurzer Zeit gelang es ihm, die Ruhe soweit wieder herzustellen, daß er schon Ende Dezember Windisch- grätz’ Truppen der Wiener Garnison für den Feldzug in Ungarn zuführen konnte. Er stützte seine Herrschaft auf ein geschickt ausgedachtes Patrouillensystem und insbesondere auf ca. 800 angesehene Bürger, die ihm alle Vorkommnisse zu melden und die Aufgabe hatten, aufkommende Widersetzlichkeiten durch gutes Zureden zu beseitigen* 2). Die bei der Niederwerfung des Wiener Oktoberaufstandes so große Empörung auslösende Hinrichtung von Robert Blum geschah vor seiner Zeit. Der Tagebucheintrag von Friedrich Hebbel vom 26. November 1848 „Wien hat wieder sein altes, gemütliches Ansehen“, zeigt, wie schnell und erfolgreich Weiden seine Aufgabe gelöst hatte. Seine eigentliche Aufgabe aber sah Weiden in der Unterstützung der Armee Windischgrätz. Von allen kommandierenden Generalen gab er am bereitwilligsten und großzügigsten Truppen an die Armee des Feldmarschalls ab 3). Am 13. April 1849 wurde Weiden zum Nachfolger des Fürsten Windischgrätz als Oberbefehlshaber der österreichischen Armee in Ungarn ernannt. Da Weiden wegen der Begleitumstände, die zu diesem Kommandowechsel führten, in der Literatur heftige Vorwürfe gemacht wurden, muß an dieser Stelle etwas ins Detail gegangen werden. An Hand der Ministerratsprotokolle kam Hugo Kerchnawe zu folgendem Urteil4). „Traurig ist die Rolle, die nach den Protokollen der Vertrauensmann des Ministerrats, Feldzeugmeister Frhr. v. Weiden, spielt. Gar rasch ereilt das Schicksal diesen Mann, der anscheinend aus rein persönlichen Gründen zuerst die Autorität seines Vorgesetzten und früheren Kameraden untergräbt, sich an dessen Stelle in des Wortes vollster Bedeutung drängt, um sodann schon in den ersten Tagen haltlos zusammenzubrechen.“ Bei Conte Corti, der dieses Urteil ungeprüft und ohne sich um die seither erschienene Literatur zu kümmern, übernimmt, wurde daraus „eine perfide Intrigue“ und ein „haltloser Zusammenbruch“ des „großsprecherischen Feldzeugmeisters“ 5). la) L. Frhr. v. Weiden, Episoden aus meinem Leben, Beiträge zur Geschichte der österreichischen Armee in den Jahren 1848/49, 2 1853, S. 47. Über Weiden vgl. ADB 41, S. 665 f.; Wurzbach 54, S. 214—23. 2) Ebenda, S. 52. Die rege Patrouillentätigkeit nimmt M. Bach, Geschichte der Wiener Revolution im Jahre 1848, 1898, S. 862, als Beweis für die weiter nur mühsam unterdrückte Volksstimmung. Diese Aussage steht jedoch im Widerspruch zu den Angaben von Beteiligten. 3) H. Kerchnawe, Feldmarschall Alfred Fürst Windischgrätz und die Russenhilfe, 1849, in: MIÖG 63, 1929, S. 342. Dieser Aufsatz ist 1930 unter demselben Titel als selbständige Schrift herausgekommen. 4) Kerchnawe, a. a. O., S. 350. s) E. C. Conte Corti, Mensch und Herrscher, Wege und Schicksale Kaiser Franz Josephs I. zwischen Thronbesteigung und Berliner Kongreß, 1952, S. 21—24. 17*