Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

HRAZKY, Josef: Die Persönlichkeit der Infantin Isabella von Parma

182 Josef Hrazky geschlagenheit, und gar seine Colombine als Liebhaber seiner Schwester! Wie hätte ihn das entzückt und den Schmerz um ihren Verlust aufs neue entbrennen lassen, da doch schon die Papiere, die ihm aus ihrem Nachlaß blieben, beim Durchblättern ihre Gestalt in sein Zimmer zauberten und ihre Stimme heraufbeschworen11). Er fand da, von ihr abgeschrieben, die „Observations sur l’armée prus- sienne“, jene Studie von Daun und von Laudon gefangener preußischer Armee-Generale, über die sie beide so viele Abende mit heißen Köpfen debattiert hatten 12) Isabella hatte mit sicherem Instinkt nach diesem Do­kument gegriffen, denn hier sah sie den Ansatzpunkt zu der von Joseph ersehnten Erneuerung der Monarchie. Zuerst die Erneuerung der Armee, ein lebendigeres Gegenstück zur preußischen aus ihr machen und ihr dadurch von innen heraus die Überlegenheit sichern! Wie mußte dieser Einfall die junge Frau begeistern, einen Riesenautomaten zu schaffen, praezis lenkbar, dessen kleinste Glieder lebende Menschen waren, frei in ihrem Pflichtbe­wußtsein ! Und damit den Philosophen von Sanssouci schlagen, den Tyran­nen, der nur Sklaven kannte. Was von diesen Ideen weiterlebte, fand bei Lacys Heeresreform Verwirklichung. Drollig bleibt das Bemühen der öster­reichischen Historiker Wolf und Arneth, in dieser vernichtenden Analyse noch einen Rest von Bewunderung für den preußischen König zu entdecken. Wie das einzigartige Verhältnis der Gatten Joseph-Isabella der Ver­gröberung der Nachwelt ausgesetzt war, ebenso das tiefe Vorgefühl des Todes, das die junge Frau beseelte. Seltsam, aber der Wahrheit näher ist der Bericht der Prinzessin Esterhazy, den Karl v. Zinzendorf am 10. XII. 1763 in sein Tagebuch einträgt. Isabella habe „vier Schläge“ gehört, als sie um ein Zeichen für ihre eigene Lebensdauer betete. Vier Jahre dauerte es in der Tat bis zu ihrem Tod. Derbere Gemüter haben diese innere Stimme als eine Geisterstimme in der Gruft von Colorno gedeutet, in der übrigens ihre Mutter gar nicht bestattet war, und dazu das Märchen von der Zahl drei gedichtet, das von Karoline Pichler nacherzählt wird13). Wenn Herzog Albert von einem Billet Isabellas, geschrieben zu Neujahr 1763, berichtet14), das er selbst noch besitze und in dem das Jahr 1763 11) So schreibt er seinem Schwiegervater Don Philipp. S. A. v. Arneth, a. a. O., S. 505, Anm. 80. 12) Bei Adam Wolf: „Maria Christine, Erzherzogin von Österreich,“ der Inhalt. Wien 1863, S. 15—19. 13) Caroline Pichler, a. a. O. 14) A. v. Arneth, Geschichte Maria Theresias VII. S. 504, Anm. 74: „Prinz Albert schreibt hierüber in seinen Memoiren: ,Cette Princesse étonnante par ses qualités supérieures avoit été tellement persuadée qu’elle ne pousseroit pas plus loin ses jours, que non seulement une des premieres choses qu’elle dit ä la Grande-Maitresse qui étoit venue la ehercher sur les frontiéres du Duché de Parme, fut qu’elle ne seroit pás longtemps chargée de l’embarras de la servir, mais que je tiens merne encore un billiet de sa main dans lequel en souhaitant en 1763 la nouvelle année ä ma femme, alors non mariée, et son amié intime, eile lui annon^oit qu’elle ne passeroit pás celle-la.‘ “

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