Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

HRAZKY, Josef: Die Persönlichkeit der Infantin Isabella von Parma

Josef Hrazky 176 werden. Sämtliche Erbländer des Hauses Österreich wären damit in den Besitz der spanischen Bourbonen übergegangen. Nur mit Mühe gelang es dem kaiserlichen Sekretär Bartenstein1), für seinen Herrn einen Ausweg aus dieser immer bedrohlicher scheinenden Lage zu bahnen. Aber indem er die Kaisertöchter den Lothringern gewann, war die spanische Hypothek nicht getilgt. Sie lebte wieder auf, als der Wiener Hof sich den von Ver­sailles zu verbinden bemüht war. Waren einst die Kaisertöchter den Königs­söhnen verheißen, so sollten nun die Kaisersöhne Joseph und Karl den Töchtern der beiden Infanten die Hände zum Ehebund reichen. Parma hatte die ältere Infantin, Neapel die jüngere zu vergeben. Eine Schwierigkeit mußte, ehe es so weit war, umgangen werden. Die ältere Prinzessin war Tochter des jüngern, die jüngere eine Tochter des älteren Bourbonen. Dar­über half sich Wien mit einer Erfindung hinweg: der Kronprinz habe sich in das Bild Isabellens verliebt, er wolle nur mehr diese und keine andere zur Frau. Aber daß diese romantische Fabel in Neapel Unmut erwecken mußte, war klar. Ihn zu beschwichtigen, sollte die Stiftung einer Sekundo- genitur mit dem Großherzogtum Toscana für den Zweitältesten dienen, der damals noch, wenn auch nur mehr für wenige Monate, Erzherzog Karl war. Dieser war also im Jahr 1759 als Großherzog von Toscana und Gatte der neapolitanischen Prinzessin Maria Luise in Aussicht genommen und erst, als er im Jänner 1761 starb, trat Erzherzog Leopold an seine Stelle. Zunächst galt es, für den Ältesten, den Kronprinzen Joseph, der 1759 großjährig wurde, die Braut zu sichern und das „parmesanische Heirats­geschäft“ zu glücklichem Abschluß zu bringen. Der diesbezügliche Beschluß der Staats-Konferenz erfolgte einstimmig am 31. I. 1759 2). Er ging dahin, daß im Verfolg des von dem Grafen Firmian gemachten Portraits der ältesten neapolitanischen Prinzessin und der Infantin Isabella diese letztere zur Braut für den „Ertzherzog Joseph auszuwählen seie“, da „eine Vermählung des ältesten Erzherzogen mit der ältesten Neapolitanischen Prinzessin Theils wegen ihres Alters Theils wegen ihrer Leibsgestalt nicht stattfinden könne.“ Kaunitz war, so sehr er damit übereinstimmte, „daß bei der künf­tigen Vermählung des ältesten Erzherzogen vorzüglich auf die Eigenschaff­ten der Person und auf ein vergnügtes Ehe-Band zurückzusehen“ sei, dafür eingetreten, „das Mißvergnügen, so der Neapolitanische Hof und beson­ders die Königin wegen der Auswahl der Infantin Isabella schöpfen würde, nicht außer Acht zu lassen.“ Man müsse sich bestreben, „diesen Hof, wel­cher die nahe Hoffnung zu der Spanischen Krone zu gelangen vor sich sehe, und alle Zeit einen großen Einfluß in die Weltgeschäffte behalten würde, von dem ersten wiedrigen Eindruck abzubringen und zu freund­schaftlichen Einverständnuß zu vermögen.“ „Zur sicheren Erreichung die­ses Endzwecks [sey] kein besseres Mittel vor Händen, als sich durch Stif­1) Mitteilungen d. öst. Staatsarchivs, 11. Bd., S. 231. 2) Staatskanzlei, Vorträge, Fasz. 130, 1759 I—IV, Fol. 79/80.

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