Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

HRAZKY, Josef: Die Persönlichkeit der Infantin Isabella von Parma

Die Persönlichkeit der Infantin Isabella von Parma 175 rundum in allen Herrscherfamilien weit ausgreifende Erwägungen mög­licher Verbindungen rege wurden. Die Geburt eines Thronfolgers, am 13. III. 1741, inmitten der Bedrängnisse des Erbfolgekriegs hat Maria The­resia, ohne daß sie zunächst es ahnte, bei Freund und Feind viel Aufmerk­samkeit, Beachtung und Sympathie gewonnen. Hatte sie selber wie ihre Schwester als Erbtochter im Zentrum politischer Berechnungen gestanden und war von den Räten ihres Vaters bald da, bald dort ins Kalkül gesetzt, ja wie eine Dame im Schach auf dem politischen Feld ausgespielt worden, so verstand sie es später meisterlich, fünf erwachsene Söhne und acht Töch­ter machtpolitisch zur Geltung zu bringen. Ehrgeizige Fürstinnen, Träger kleiner Kronen, spannen bei der Geburt eines Töchterchens kühne Zukunftsphantasien und viel geheime Unterstüt­zung floß dadurch, auch aus Feindeskreisen, dem Wiener Hofe zu. Daß das alte Bündnissystem mit den Seemächten morsch wurde und zum Schluß zerbrach, daran war nicht nur die Lauheit und Unzuverlässigkeit des eng­lischen Verbündeten schuld, sondern vor allem die Aussicht, die Hauptstütze des preußischen Gegners auf die eigene Seite zu ziehen. Und diese Mög­lichkeit hatte eine stille rastlose Fürsprecherin an der Tochter des fran­zösischen Königs und der Maria Leszynska, der eleganten, impulsiven Louise Elisabeth, Herzogin von Parma, Piacenza und Guastalla, die ihrem Gatten Don Philipp im gleichen Jahr, da der österreichische Kronprinz zur Welt kam, noch am letzten Tag dieses Jahres, eine viel verheißende Toch­ter geboren hatte. Die Herzogin war so unglücklich in ihrer kleinen aus­geplünderten Residenz, die vom Glanz einer großen Vergangenheit zehrte, aber für die Zukunft keinen Aufstieg bot, daß sie immer wieder bei ihrem Vater in Versailles zu finden war. Ihr Kind war bis zu seinem achten Lebensjahr mit ihr in Spanien verblieben, dann (1749) mit der Mutter und mit seiner spanischen Aya an den Hof seines Großvaters, Ludwigs XV., gekommen. Erst 1748, also im siebenten Lebensjahr der kleinen Infantin, war ihrem Vater Don Philipp das Herzogtum Parma zugefallen als Nachfolger der Herzoge aus dem Hause Farnese, von deren einem seine Mutter Elisabeth stammte, die Königin von Spanien. Seit diese nach dem Tod der ersten Gattin als zweite Gemahlin Philipps V. auf den Thron gekommen war (1714), strebte sie mit eiserner Konsequenz, unbändigem Willen und unüberbietbarer Schlauheit danach, ihren Söhnen Don Carlos und Don Philipp neben den Kindern aus der ersten Ehe ihres Gatten irgend eine Herrschaft in Ita­lien zu verschaffen. Die Unruhe, die ihr Ehrgeiz in den „Ruhestand Europas“ brachte, machte sie zum Schrecken der österreichischen Hofkanzlei. Sie war es, die Karl VI. dazu genötigt hatte, als er auf spanische Unterstützung angewiesen war, in den Wiener Verträgen (1725) den beiden Söhnen der spanischen Königin zwei seiner Töchter zur Ehe zu versprechen. Maria Theresia, die älteste, sollte Gattin des Don Carlos, Marianne, die jüngere, Gattin des Don Philipp

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