Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)
HEYDENDORFF, Walther Ernst: Vorderösterreich im Dreißigjährigen Kriege. Der Verlust der Vorlande am Rhein und die Versuche zu ihrer Rückgewinnung. 1617–1639
132 Walther Ernst Heydendorff Als sich dann der Krieg auf das österreichische Elsaß, den Breisgau und die Waldstädte ausdehnte, suchte der beamtete wie der unbeamtete erbländische Adel zum namhaften Teil Zuflucht im spanischen Burgund, im Bistum Basel und vor allem in der Schweiz, um dort bessere Zeiten abzuwarten. Als die im Sundgau eingerückten Schweden im Jänner 1633 der vorderösterreichischen Ritterschaft eine Kontribution von 47.500 fl. auferlegten, entsandten die nach Basel geflüchteten Mitglieder dieses Standes einen Beamten nach Innsbruck, um der Regentin den traurigen Zustand im Elsaß darzulegen123). Im Feber 1633 forderte der Landvogt Markgraf Wilhelm von Baden die Lehensleute bei Verlust ihrer Lehen und die übrigen Landsassen bei Verlust ihrer Güter auf, sich zum Kriegsdienste ausgerüstet bei FM. Schauenburg in Rheinfelden einzustellen. „Die Junker wollten aber ihr Blut nicht für das Vaterland und noch weniger für das Haus Österreich verspritzen. Hinter den Mauern des neutralen Basel gefiel es ihnen immerhin besser.“ Als sie auch von der Regentin zur Erfüllung ihrer vaterländischen Pflichten ermahnt wurden, leisteten einige der Aufforderung Folge, die andern begnügten sich, von Basel aus „die unerschütterliche Treue des Adels gegen das hochlöbliche Haus Österreich“ zu versichern 124 *). Da sich ein Ende der Besatzungszeit nicht zeigen wollte und die in das Exil mitgenommenen Mittel zur Neige gingen, die Sorge um die zurückgelassenen Güter wuchs, suchte man sich mit den neuen Herren zu verständigen. Dieser Ausgleich wurde wesentlich erleichtert, als sich die Franzosen an die Stelle der Schweden setzten, da die religiösen Schwierigkeiten fortfielen und überdies beim Adel und in den Städten — nach dem Urteil von Zeitgenossen — seit geraumer Zeit Sympathien für Frankreich bestanden. Dr. Volmar fand diese Hinneigung zum gallischen Nachbar höchst bedrohlich. Die hie und da sich anspinnende französische Protektion klinge den Leuten süß in den Ohren, klagte er in einer Relation vom 1. Mai 1638. Er wisse, was vor der gegenwärtigen und während der vorherigen Blockade Breisachs selbst bei Leuten, denen er dies nicht zugemutet hätte, für Reden umgegangen seien. „So gaben auch die historici zu erkennen, was bei allen französischen in das Eisass gezogenen Kriegen so grosse Neigung gegen die Krön Frankreich empfunden worden, und stehet wie frische Exempel, was bei wenig Jahren dieses noch währenden Krieges in Eisass, Sundgau, Mömpelgard, Basel, vorgeloffen, noch vor Augen.“ 12s). Um der Wahrheit die Ehre zu geben, darf der massive Druck der Besatzungsbehörden nicht verschwiegen werden, der wesentlich mitwirkte, den Adel dazu zu bewegen, sich den neuen Herren zu akkomodieren. Bernhard von Weimar hat schon bei der Kapitulation von Breisach keinen Zweifel 123) Ellerbach, a. a. O., II., 492/493. 124) Ellerbach, a. a. O., II., 532. i2ö) W e t z e r, a. a. 0., III., 337, Zitat aus den Amraser Akten.