Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

KRAUS, Wilhelm: † Walter Nemetz (1910–1958)

Nachruf 611 Fleiß, mit voller Hingabe und Konzentration auch jene reichen und gründ­lich fundierten Kenntnisse erworben, die ihn ziu einem der besten Kenner und gesuchten Berater der österreichischen und darüber hinaus der euro­päischen Uniformkunde werden ließ. Ein nicht geringes zeichnerisches Talent war für ihn bei seinen Studien und den ihm zukommenden Auf­trägen sehr wertvoll, und das Kriegsarchiv besaß in ihm nicht nur einen durch sein vortreffliches Gedächtnis unterstützten Kenner des allgemeinen Heereswesens von seltenen Graden als auch den Spezialisten für Uniform­und Waffenkunde, wie er kaum mehr in diesem Maße sich einfinden wird oder ersetzt werden kann. Ursprünglich in der Abteilung „Alte Feldakten“ (= Kriegsgeschiehtliche Aktensammlung 1556—1914) verwendet, wurde er, als der Archivdienst nach Kriegsende unter der Leitung Hofrats Dr. Regele allmählich wieder in geregelte Bahnen lenkte, 1946 mit der Leitung der großen Bibliothek des Kriegsarchivs betraut, die nach 1945 empfindliche Einbußen durch Entnahmen seitens einer alliierten Kontroll­kommission erlitten hatte. Er wurde dabei auch mit der Verfassung des Abschnittes über die Bibliotheken dies Kriegsarchivs im „Inventar des Kriegsarchivs“ betraut, das 1953 erschien. Diese Jahre in der Bibliothek gehörten für die weitere Vertiefung seines Spezialstudiuims an Hand der reichen Bücherbestände sicherlich zu den fruchtbarsten; davon zeugen eine Reihe von Einzelstudien in den Zeitschriften: „Die Mölkerbastei“ und „Die Zinnfigur“. Mit 1. 3. 1953 wurde Dr. Nemetz, von ihm selbst erstrebt, an das Haus-, Hof- und Staatsarchiv versetzt; am 9. 1. 1956 kehrte er wieder an das Kriegsarchiv zurück, übernahm neuerlich die Leitung der Archiv­bibliothek, wurde mit 1. 1. 1957 zum Stellvertreter des Leiters des Kriegs- arehivs bestellt und übernahm gleichzeitig die Leitung der Archivabtei­lung Karten- und Bildersammlung, in der Absicht, die militärische Bilder­sammlung, die im Laufe der Jahrzehnte verschiedene Schicksale und Ordnungssysteme, nicht gerade zu ihrem Vorteil, erfahren hatte, zu reorganisieren. Eine Absicht, die sowohl für sein Spezialinteresse wie für die Sammlung von großem Vorteil und Nutzen hätte werden können, wenn ihm die Jahre dazu vergönnt geblieben wären. Vielleicht wäre es ihm dann auch vergönnt gewesen, seine reichenDetailkenntnisse und Studien in einem Fachgebiet der Heereskunde, das zwar dem Liebhabertum ebenso offen steht wie dem Dilettantismus und daher mannigfach belächelt wird, das aber sachlich gesehen etwa den Rang einer historischen Hilfswissen­schaft in der Heereskunde einnimmt, zu einem größeren Wurf zuammen- zufassen. Mannigfache Sorgen und Bindungen des Schicksals und des Lebens hatten ihm dies bisher verwehrt, Zeugnisse seines Willens und Wollens dazu waren in seinem Nachlaß vorhanden. Das Schicksal hat anders entschieden: Dr. Nemetz war schon einmal, im Dezember 1956, hart einer Nierensteinoperation entgangen; am 8. 9. 1958, dem Tag, an dem er mit seinem Sohn eine Urlaubsreise antreten wollte, befielen ihn neuerlich heftigste Nierensehmerzen, er mußte im weiteren Verlauf in das Spital gebracht werden, und das Resultat der Untersuchungen ergab die Notwendigkeit der operativen Herausnahme einer Niere. Die Operation glückte, jedoch die Folgeerscheinungen — auch 39*

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