Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)
BLAAS, Richard: Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana
Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana 49 12. Auditorposten wurde meist einem Römer oder einem Kompetenten aus dem übrigen Kirchenstaat verliehen. Diese Art der Zusammensetzung des Auditorenkollegiums hatte sich auf grund ausdrücklicher Privilegien oder nachträglich anerkannter Gewohnheitsrechte herausgebildet und wurde von der Kurie im allgemeinen strikt eingehalten42). Diese Privilegien wunden gesetzlich niemals aufgehoben, wohl aber von Seite der Privilegierten selbst oft vernachlässigt. Die nationalen Auditoren unterschieden sich in Nichts von den anderen Richtern, ihre Nationalität hatte keinerlei Einfluß auf die Rechtsprechung. Die Unparteilichkeit der Rechtsprechung war durch die vorgesehene Kollegialität43) der Rechtsfindung und die Turnuseinteilung gesichert. Das Gerichtsverfahren der Rota schloß daher schon an sich eine einseitige oder nach nationalen Gesichtspunkten gefärbte Beurteilung aus44). Das nationale Auditoriat war nicht so sehr wegen eines eventuellen Einflusses auf die päpstliche Rechtsprechung für die katholischen Höfe von Nutzen, eine solche Einflußnahme war, wie eben betont, durch die Prozeßführung von vornherein ausgeschaltet, es war für die katholischen Länder von Bedeutung wegen des hohen Ansehens der Rotarichter an der Kurie und ihrer Kenntnis des kúriaién Geschäftsganges, so daß sie im Falle der Abwesenheit eines diplomatischen Vertreters, was in einer Zeit, in der es noch keine ständigen Gesandtschaften gab, sehr oft der Fall war, die Vertretung ihres Landes beim Hl. Stuhl zu übernehmen in der Lage waren und von der Kurie als Vertreter auch anerkannt wurden. Die nationalen Auditoren konnten die Agenden ihres Landes als nuncii nati beim Papst und an der Kurie vertreten45). Ferner waren die Auditoren durch ihre Mitarbeit in den verschiedenen Kardinalskongregationen in der Lage, die Interessen ihres Landes wahrzunehmen und außerhalb des Gerichtsbereiches sehr wesentliche Aufgaben ihres Heimatlandes zu fördern und zu unterstützen. Auf nationale Zwistigkeiten innerhalb des Rotakollegiums wird jedenfalls in den hier verarbeiteten Quellen nirgends auch nur andeutungsweise hingewiesen. Die Rota bestand in der Auffassung der Zeit eben wirklich aus duodecim summae virtutis 42) H. Bangen, a. a. O., S. 309. 43) Zur Frage der Entstehung der Kollegialität an der Rota, vgl. F. E. Schneider, Zur Entwicklungsgeschichte der römischen Rota als Kollegialgericht in Festschrift De Waal (Römische Quartalschrift, Supplementheft XX, Freiburg 1913), S. 20—36. 44) Cerchiari, a. a. O., vol. I. Cap. XIV/17. „Ne alcuno si pensi mai che codeste differenze nazionali negli auditori della sagra Rota possano intromettere alcuna diversitá nella loro maniera di giudicare. Perciocché con savissimo prov- vedimento e degno di somma laude é statute e fermo che in qualsivoglia tratta- zione di cause sieno tutti mescolatamente considerati e che non si abbia altro di mira che il turno quäl ricorre. Uguale é in loro tutti la giurisdizione.“ 45) Cerchiari, a. a. 0., vol. I. Cap. LXVI/5. „Item, Auditores nationales Nuncii nati erant penes Papam suarum nationum, ita ut si forte ambassiador abesset, res nationis suae tractaret cum Papa nationalis auditor.“ Mitteilungen, Band 11 4