Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

BLAAS, Richard: Das kaiserliche Auditoriat bei der Sacra Rota Romana

48 Richard Blaas sehen und französischen Hofes vollzogenen Ernennungen der Auditoren dieser Länder vollzogen wurde, wenn sich auch vorläufig kein Quellenbeleg für ein Mitwirken des Kaisers bei der Bestellung des deutschen Audi­tors für die ersten Jahrzehnte nach der Bulle Romani Pontificis erbringen läßt. In späterer Auffassung wird jedenfalls auch das deutsche Auditoriat als zu Recht bestehend neben den Auditoriaten von Spanien und Frankreich seit 1472 angesehen, und bei den Vergabungen von bestimmten Auditoriats- sitzen an italienische Städte als rechtmäßig bestehend vorausgesetzt. Die meisten Auditorstellen wurden im Verlaufe der Zeit durch spezielle päpstliche Vergünstigungen fix gebunden. Neben den nationalen Audito­riaten der Länder erhielt am frühesten Bologna — durch Papst Julius II. 1507 — das Recht, aus dem Doktorenkollegium der Universität jeweils einen Auditor für die Rota namhaft zu machen35). Ein ähnliches Privileg verlieh Papst Pius IV. 1562 der Universität von Mailand, die für eine freiwerdende Auditorstelle einen Temovorschlag einreichen konnte36). Venedig konnte seit 1587 einen Vierervorschlag unterbreiten37). Dieses Privileg wurde dann von Klemens XIII. 1761 in der Constitutio In hoc gravissimo dahingehend erweitert, daß auch Venedig sowie die katholi­schen Höfe von Madrid, Paris und Wien nunmehr nicht mehr einen Vierer­vorschlag zu machen brauchte, sondern das Recht zur Ernennung eines Auditors zuerkannt erhielt38 *). Dieses von Venedig kaum ausgenützte Vor­recht wurde dann von Pius VII. 1816 von Venedig, das ja seit 1797 nicht mehr als selbständiger Staat Weiterbestand, auf die Romagna übertra­gen30). Außer Venedig erhielt Ferrara 1597 oder 1598 durch Clemens VIII. einen ständigen Sitz an der Rota40). Ein weiterer Auditorposten wurde regelmäßig mit einem Toskaner besetzt, indem abwechselnd das päpstliche Perugia und das großherzogliche Siena oder Pisa den Kandidaten stellten. Doch unterlag diese Ernennung dem freien Ermessen des Papstes41). Die Besetzung des Richterkollegiums der Rota erfolgte demnach auf folgende Weise: einen Auditor ernannte der Kaiser, einen der König von Frank­reich, zwei der König von Spanien und zwar je einen für Aragonien und Kastilien, für den 5. Posten hatte Bologna das Ernennungsrecht, der 6. Posten wurde aus dem Terno der Universität Mailand besetzt, der 7. mit dem Kandidaten Venedigs, der 8. von Ferrara namhaft gemacht und der 9. einem Kandidaten aus der Toscana Vorbehalten. Der 10., 11. und 35) Cerchiari, a. a. O., vol. I. Cap. XIII, Absatz 9. 38) Ebenda, Absatz 10 und vol. III, nr. 179. 37) Ebenda, Absatz 11 und vol. III, nr. 183. 3S) Ebenda, Absatz 12 „ ,In hoc gravissimo“ privilégium patriae suae am- pliavit illud reddens ad formám et amplitudinem privilegii regum Hispaniarum, Galliae et Germaniae.“ Das diesbezügliche Breve, s. h. vol. III, nr. 458. 30) Ebenda, Absatz 13 und vol. Ill, nr. 507. Pius Papa VII concedit civibus Romandiolae locum Rotae qui fuerat antea Reipublicae Venetiarum. 40) Ebenda, Absatz 14. 41) Ebenda, Absatz 15. „ideo Auditorem Papa nominabat ex Perusinis semel, semel ex florentinis civibus et utraque nominatio libera erat.“

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